Leitsatz (amtlich)
Der Staatliche Forstwirtschaftsbetrieb stellt bereits dem Namen nach keinen volkseigenen Produktionsbetrieb dar. Er ist auch kein durch § 1 Abs 2 ZAVtIV gleichgestellter Betrieb.
Orientierungssatz
1. Den betrieblichen Anwendungsbereich der ZAVtIV unterlagen als "Produktionsbetrieb" nur VEB der Industrie, dh solche VEB, die als Hauptzweck industrielle Fertigung von Sachgütern betrieben (vgl BSG vom 9.4.2002 - B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr 6).
2. Der Art 3 GG läßt es nicht zu, dass von historischen Fakten, aus denen sich Ungleichheiten bei der Anwendung des AAÜG ergeben könnten, abzusehen ist und sie "rückwirkend" zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler ausgeglichen werden.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 24. März 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, den Zeitraum vom 01.09.1968 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (AVItech) sowie die entsprechenden Arbeitsverdienste festzustellen.
Der 1944 geborene Kläger erlernte vom 01.09.1959 bis 31.08.1962 den Beruf des Forstfacharbeiters, welchen er im Anschluss hieran auch im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb O. ausübte. Nach einem Fachschulstudium vom 06.09.1965 bis 15.08.1968 an der Fachschule für Forstwirtschaft S. in der Fachrichtung Forstwirtschaft, wo der Kläger mit Urkunde vom 19.07.1968 das Recht erhielt, die Berufsbezeichnung "Forstingenieur" zu führen, arbeitete er ab dem 01.09.1968 als Revierassistent, Revierförster und TK-Leiter im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb O.
Zum 01.09.1977 trat der Kläger der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und entrichtete bis zur Schließung am 30.06.1990 auf sein monatliches Einkommen bis 1.200,00 Mark entsprechende Beiträge. Eine Versorgungszusage zur Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem war ihm bis zum 30.06.1990 nicht erteilt worden.
Der Kläger beantragte am 02.06.2003 im Rahmen der Kontenklärung bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Mit Bescheid vom 27.06.2003 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 16.12.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Feststellung der Beschäftigungszeiten als Pflichtbeitragszeiten nach den Vorschriften des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) werde abgelehnt, da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Bei In-Kraft-Treten des AAÜG am 01.08.1991 habe der Kläger keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes gehabt. Dies sei nur der Fall gewesen, wenn er entweder am 30.06.1990 in der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sei, eine solche Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach Art. 19 Satz 2 oder 3 des Einigungsvertrages erlangt hätte oder er auf Grund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Der Kläger sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, noch habe er einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 habe er eine Beschäftigung im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb O. ausgeübt. Dabei handele es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) bzw. nicht um einen im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951 einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellten Betrieb. Nur die bundesrechtskonforme Anwendung führe dazu, dass trotz des Verbots der Neueinbeziehung, welches bereits die DDR erlassen habe, auch die Personen bundesrechtliche Versorgungsanwartschaften hätten, die auf Grund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage bereits einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hatten.
Hiergegen hat der Kläger am 08.01.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Chemnitz erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt hat. Für die Zeit vom 01.09.1968 bis 30.06.1990 erfülle er alle Voraussetzungen für eine Einbeziehung. Der Staatliche Forstwirtschaftsbetrieb O.. sei ein volkseigener Betrieb gewesen, da industriemäßig organisiert Holz (Bretter, Kantholz, Balken etc.), Zaunfelder, -riegel, -leiter, Wandhänge und Tierbälge produziert sowie Wildfleisch aufbereitet und vertrieben, Fell aufbereitet, gegerbt und vertrieben und Waldbegrünung, Wegebau und Wasserbau betrieben worden sei. Dem Betrieb habe die Produktion mit bis zu 70/80 Prozent und nicht die Dienstleistung das Gepräge gegeben. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass Gegenstand der durch Umwandlung des Staatlichen Volkswirtschaftsbetriebes O. gem. Treuhandgesetz entstandenen GmbH im Aufbau insbesondere die „Verarbeitung und Weiterverarbeitung von Rohholz sowie der Handel mit...