Entscheidungsstichwort (Thema)
Bundesagentur für Arbeit. Übernahme von Beiträgen zu einem berufsständischen Versorgungswerk nach § 207 Abs 1 S 1 SGB 3 aF nur bei Vorliegen einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist nach dem eindeutigen Wortlaut von § 207 Abs 1 S 1 SGB III aF ("die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind") Voraussetzung für den Anspruch auf Übernahme von Beiträgen zu einem Versorgungswerk für die Dauer der Arbeitslosigkeit. Das Gesetz schließt die Entrichtung von Beiträgen an ein Versorgungswerk ohne Befreiung von der Versicherungspflicht aus.
2. Die Beitragsübernahme ist an die tatsächliche Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gebunden. Es reicht nicht aus, dass der Leistungsbezieher zu dem Personenkreis zählt, der sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen kann.
3. Eine erweiternde Auslegung von § 207 SGB III aF ist nicht verfassungsrechtlich, insbesondere nicht im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs 1 GG, geboten.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 16. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme von Beiträgen zum Rechtsanwaltsversorgungswerk für die Dauer ihrer Arbeitslosigkeit in der Zeit vom 4. Oktober 2010 bis zum 27. März 2011.
Die 1975 geborene Klägerin war von 1994 bis Januar 2008 Beamtin im Justizdienst des Landes Z.... und für die Durchführung eines rechtswissenschaftlichen Studiums und des Referendariats beurlaubt. Nach Abschluss des Referendariats wurde sie im Januar 2008 als Rechtsanwältin zugelassen. Sie war seither ohne Unterbrechung auf geringfügiger Basis als Rechtsanwältin tätig und leistete Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte. In der Zeit von Januar 2008 bis Januar 2011 gehörte sie der Rechtsanwaltskammer Y.... und in der Zeit vom Januar 2011 bis Januar 2012 der Rechtsanwaltskammer X.... an. Seither ist sie Mitglied der Rechtsanwaltskammer W.....
In der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 29. Januar 2009 war sie arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III). Die Beklagte übernahm zunächst bis zum 31. Oktober 2008 die Beiträge der Klägerin zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte.
Mit Bescheid vom 27. August 2008 lehnte die Deutschen Rentenversicherung Bund einen Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches Sechsen Buches - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) ab. Den hiergegen eingelegte Widerspruch wies der Rentenversicherungsträger mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2009 zurück, da die Klägerin die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nicht erfülle.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Übernahme der Beiträge an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte nicht möglich sei, da sie nicht von der Rentenversicherungspflicht befreit sei. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 16. Januar 2009 hin einigten sich die Beteiligten am 12. April 2010 dahingehend, dass es bei der bereits an das Versorgungswerk in der Zeit vom 1. März 2008 bis zum 31. Oktober 2008 gezahlten Beiträge verbleibe.
Nachdem die Klägerin vom 1. Juni 2009 bis zum 30. September 2010 als Wissenschaftliche Assistentin an der Universität V.... beschäftigt gewesen war, wodurch eine Rentenversicherungspflicht zur allgemeinen Rentenversicherung nicht eingetreten war, meldete sie sich am 4. Oktober 2010 erneut bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 8. November 2010 bewilligte ihr die Beklagte für die Zeit ab dem 4. Oktober 2010 Arbeitslosengeld für die Anspruchsdauer von 270 Kalendertagen unter Berücksichtigung von zwei Sperrzeiten wegen Arbeitsaufgabe und verspäteter Arbeitssuchendmeldung. Zugleich teilte die Beklagte der Klägerin im Bewilligungsbescheid mit, dass sie nicht rentenversichert sei. Darüber hinaus ergingen zwei Sperrzeitbescheide.
Mit Schreiben vom 9. November 2010 legte die Klägerin gegen sämtliche Bescheide Widerspruch ein und rügte unter anderem die fehlende Übernahme der Beiträge an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte für die Dauer der Arbeitslosigkeit. Sie verwies darauf, dass sie zu keinem Zeitpunkt der allgemeinen Rentenversicherungspflicht unterlegen habe und somit auch hiervon nicht habe befreien werden können. Insoweit müsse § 207 SGB III entsprechend ausgelegt werden. Sie müsse Personen, die sich von der allgemeinen Rentenversicherungspflicht befreien lassen könnten, gleichgestellt werden. Andernfalls liege ein Verstoß gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) vor.
Da die Beklagte na...