Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen bei Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. keine analoge Anwendung auf Pflichtversicherte nach dem KSVG. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Für eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung der Regelung von § 26 Abs 1 Satz 1 SGB II (in der vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) auf die Gruppe der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz gesetzlich rentenversicherten Pflichtversicherten ist kein Raum (Anschluss an LSG Essen vom 22.3.2010 - L 19 AS 12/09 - juris Rdnr 20 ff).
2. Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von § 26 Abs 1 Satz 1 SGB II (in der vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) bestehen nicht.
Normenkette
SGB II § 26 Abs. 1 S. 1; SGB VI § 6 Abs. 1b, § 3 S. 1 Nr. 3a, § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 2; KSVG § 2 S. 1 Nr. 5, S. 2, §§ 1, 4 Nrn. 1, 3 Abs. 2 S. 1, Abs. 3; SGB III § 207; AFG § 166b; GG Art. 3 Abs. 1; SGB IV § 7
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 5. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt einen Zuschuss gemäß § 26 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Zweites Buches - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) zu den Beiträgen zur Rentenversicherung nach dem Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG) für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 31. August 2010.
Der 1979 geborene Kläger ist alleinstehend und als selbstständiger freischaffender Künstler erwerbstätig. Als solcher war er im streitigen Zeitraum nach § 1 KSVG in der Künstlersozialkasse durchgehend rentenversicherungs- und beitragspflichtig. Die an die Künstlersozialkasse zu entrichtenden Beiträge zur Rentenversicherung beliefen sich im streitigen Zeitraum auf monatlich 91,21 EUR.
Mit Bescheid vom 17. März 2010 bewilligte ihm der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 31. August 2010 in Höhe von monatlich 610,00 EUR.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und rügte, dass ihm kein Zuschuss zu den Beiträgen zur Rentenversicherung in der Künstlersozialkasse bewilligt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Nach Ansicht des Beklagten lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschuss nach § 26 SGB II nicht vor.
Hiergegen hat der Kläger am 18. Oktober 2010 Klage erhoben und darauf verwiesen, dass er die Beiträge zur Rentenversicherung nur aus der Regelleistung bestreiten könne und daher eine gesetzliche Regelungslücke vorliege.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 5. Dezember 2013 abgewiesen. Ein Anspruch auf einen Zuschuss zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung bestehe nicht. Da der Kläger nach § 1 KSVG rentenversicherungspflichtig und damit nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit gewesen sei, erfülle er die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 SGB II nicht. Mangels Regelungslücke hat das Sozialgericht auch die Voraussetzungen für eine erweiternde oder analoge Anwendung von § 26 Abs. 1 SGB II als nicht gegeben erachtet und sich hierbei auf das Urteil des Landessozialgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2010 (Az. L 19 AS 12/09) bezogen. Das Sozialgericht hat in seinem Urteil die Berufung zugelassen.
Gegen das ihm am 28. April 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Mai 2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er auf seinen erstinstanzlichen Vortrag zur planwidrigen Regelungslücke. Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund dafür, dass die in der gesetzlichen Rentenversicherung befreiten und freiwillig Versicherten oder Pflichtversicherten in der Altersversicherung der Landwirtschaft Anspruch auf Beitragszuschuss zur Rentenversicherung hätten, Pflichtversicherte nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz hingegen nicht. Der Gesetzgeber habe diese Gruppe übersehen. Andernfalls läge ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor, da eine sachliche Begründung für die Ungleichbehandlung nicht ersichtlich sei.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 5. Dezember 2013 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 17. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2010 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger einen Zuschuss nach den gesetzlichen Bestimmungen zu den vom ihm an die Künstlersozialkasse zu entrichtenden Rentenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 31. August 2010 zu zahlen;
2. die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verbleibt bei ihrem erstinstanzlichen Vorbringen und hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts...