Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende bzw Studenten. Ausbildungsförderung. abstrakte Förderungsfähigkeit eines Fachhochschulstudiums Theaterausstattung nach abgeschlossener Ausbildung zur Steinbildhauerin. Urlaubssemester
Leitsatz (amtlich)
1. Bei dem Fachhochschulstudium Theaterausstattung, Spezialisierungsrichtung Theaterplastik, handelt es sich um eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, nicht um eine Weiterbildung, denn das Fachhochschulstudium der Klägerin war nach Zuschnitt, Struktur, Inhalt und Vermittlung als (Erst-)Ausbildung und nicht etwa als Ergänzungs- oder Aufbaustudiengang ausgestaltet (Anschluss an BSG vom 2.4.2014 - B 4 AS 26/13 R = BSGE 115, 210 = SozR 4-4200 § 15 Nr 3 und vom 30.9.2008 - B 4 AS 28/07 R = SozR 4-4300 § 610 Nr 2).
2. Dass die Klägerin bereits über eine Ausbildung zur Steinbildhauerin verfügte, steht der Einordnung des Studiums als Ausbildung nicht entgegen.
3. Die Klägerin war auch während des Urlaubssemesters von Leistungen der Grundsicherung ausgeschlossen, weil sie organisationsrechtlich der Fachhochschule angehörte und ihr Studium auch tatsächlich betrieb (Anschluss an BSG vom 22.8.2012 - B 14 AS 197/11 R und vom 22.3.2012 - B 4 AS 102/11 R = SozR 4-4200 § 7 Nr 27).
Normenkette
SGB II Fassung: 2007-12-23 § 7 Abs. 1; SGB II Fassung: 2007-12-23 § 7 Abs. 5 S. 1; SGB II Fassung: 2007-12-23 § 7 Abs. 5 S. 2; SGB II Fassung: 2007-12-23 § 7 Abs. 6; SGB II Fassung: 2007-12-23 § 10; SGB II Fassung: 2007-12-23 § 22 Abs. 1; SGB II Fassung: 2007-12-23 § 22 Abs. 7; SGB III Fassung: 2002-12-23 § 59; SGB III Fassung: 2002-12-23 § 64 Abs. 1; SGB III Fassung: 2002-12-23 § 77 Abs. 1; SGB III Fassung: 2002-12-23 § 77 Abs. 2; SGB III Fassung: 2002-12-23 § 85 Abs. 2; BAföG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, Abs. 1a, § 7 Abs. 3, § 10 Abs. 3 Nrn. 1-2, § 12 Abs. 1 Nr. 1; AFG §§ 40-42; SächsHSG § 18 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 2-3, § 21 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 9. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an die Klägerin nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 10.12.2010 bis 31.03.2011.
Die 1976 geborene Klägerin schloss eine Ausbildung zur Steinbildhauerin erfolgreich ab und arbeitete nachfolgend in diesem Beruf. Sie studierte vom Wintersemester 2000/2001 bis zum Sommersemester 2002 Soziologie und Kulturwissenschaften/Europäische Ethnologie im Magisterstudiengang, brach jedoch das Studium nach vier Semestern ab. Seit 01.10.2008 ist sie im Fachhochschulstudiengang Theaterausstattung, Spezialisierungsrichtung Theaterplastik, an der Hochschule für Bildende Künste A... immatrikuliert. Die Regelstudienzeit beträgt acht Semester. Der Studiengang ist in acht Module gegliedert, als fünftes Modul ist ein Praktikum vorgesehen, über das eine Dokumentation zu erstellen ist. Die Präsentation der Dokumentation stellt laut Anlage zur Studienordnung eine Prüfungsleistung dar. Die Klägerin stellte am 07.08.2010 einen Antrag auf Beurlaubung vom Studiengang Theaterplastik, dem für das Wintersemester 2010/2011 entsprochen wurde (Schreiben der Hochschule der Bildenden Künste A... vom 10.08.2010).
Zu Beginn des Studiums der Theaterplastik lebte die Klägerin zusammen mit ihrem Lebensgefährten C..., der als selbständiger Zimmermann tätig war, und den gemeinsamen Söhnen M..., geboren am ...2004, und R..., geboren am ...2006. Seit 10.12.2010 ist sie von C... getrennt. Am 14.05.2011 wurde der gemeinsame Sohn O... geboren.
Der Antrag der Klägerin auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) wurde mit Bescheid vom 18.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2009 abgelehnt, weil sie das Erststudium der Soziologie und Kulturwissenschaften nicht aus einem unabweisbaren Grund abgebrochen habe (§ 7 Abs. 3 BAföG).
Am 10.12.2010 stellte die Klägerin einen Antrag auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beim Beklagten. Dieser bewilligte mit Bescheid vom 05.01.2011 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 10.12.2010 bis 31.05.2011 für die Klägerin und ihre Söhne M... und R.... Vom 10.12.2010 bis 31.03.2011 erhielt die Klägerin ausschließlich einen Mehrbedarf für Schwangerschaft und als Alleinerziehende, ab 01.04.2011 auch den Regelbedarf und Kosten der Unterkunft. Bis 31.03.2011 bestehe für die Klägerin ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II. Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 04.02.2011. Es greife kein Leistungsausschluss ein. Voraussetzung eines solchen sei, dass eine Ausbildung vorliege. Daran fehle es jedoch bei ihrem Studium. Der Begriff der Ausbildung sei von Weite...