Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. Mammareduktionsplastik
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Kostenerstattung für eine Mammareduktionsplastik.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten in Höhe von 4.467,98 EUR für eine am 13. November 2008 durchgeführte Mammareduktionsplastik.
Die am … 1947 geborene Klägerin stellte bei der Beklagten am 12. September 2008 einen Antrag auf Kostenübernahme für eine Mammareduktionsplastik. Sie leide seit längerer Zeit an stark zunehmenden Rücken- und Schulterschmerzen. Die sie behandelnden Ärzte (Fachärztin für Frauenheilkunde G…, Facharzt für Orthopädie S…, Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. P…) hätten bestätigt, dass deren Ursache im Gewicht ihrer Brüste liege. Durch eine operative Verkleinerung der Brüste sei ein dauerhafter Rückgang ihrer Rückenbeschwerden zu erwarten.
Ihrem Antrag fügte sie ein Schreiben von Dr. S… vom 8. September 2008 bei. Darin heißt es:
"Die ≪Klägerin≫ leidet unter chronisch-rezidivierenden zervikothorakale Beschwerden. Sie befindet sich u.a. deswegen in regelmäßiger orthopädischer Behandlung. Bei zusätzlicher Makromastie bds. ist nun eine beidseitige operative Brustverkleinerung vorgesehen. Aus fachorthopädischen Sicht ist dieser Schritt sicherlich sinnvoll, um dauerhaft eine Reduzierung der Wirbelsäulenbeschwerden zu erzielen. Mit der Patientin wurde ausführlich hierüber gesprochen, gleichzeitig wurde erläutert, dass eine völlige Beschwerdenfreiheit nicht zu erwarten ist, da bei dem Beschwerdebild auch weitere Faktoren wie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und muskuläre Dysbalancen beteiligt sind."
Ebenfalls fügte sie ihrem Antrag ein ärztliches Attest von Diplom-Medizinerin G… vom 8. September 2008 bei. Dieses lautet:
"Hiermit wird ≪der Klägerin≫ eine bestehende MAMMAHYPERPLASIE beidseits mit Größendifferenz (rechts größer links) bestätigt. Der Tastbefund vom 1. Februar 2008 sowie der Mammographiebefund von 7/08 waren unauffällig.
Eine Vorstellung der Patientin im Klinikum R… bezüglich einer gewünschten operativen Korrektur ist bereits erfolgt. (siehe Befund vom 20.06.2008)"
Unter dem 22. September 2008 vermerkte die Bearbeiterin der Beklagten P…, die Klägerin habe für den 12. November 2008 bereits einen Operationstermin vereinbart.
In dem von der Beklagten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) angeforderten und von der Gutachterin M…, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Ärztliche Gutachterin, nach einer Untersuchung der Klägerin am 8. Oktober 2008 angefertigten Gutachten vom 16. Oktober 2008 wurden als Diagnosen Gigantomastie und Ptose beidseitig sowie Adipositas (BMI von 39,1 kg/m2, 104 kg bei einer Körpergröße von 163 cm) zu Grunde gelegt. Dabei ging die Gutachterin davon aus, die bei der Klägerin vorliegende Gigantomastie sei als regelwidriger Körperzustand mit Krankheitswert einzustufen. Die Klägerin habe angegeben, an rezidivierenden Rückenschmerzen - insbesondere im Schulter-/Nackenbereich - zu leiden. Darüber hinaus sei sie durch ihre große Brust sehr stark psychisch beeinträchtigt. Sie könne ihren Anblick im Spiegel nicht ertragen und traue sich nicht ins Freibad oder Fitness-Studio, weil sie keine öffentliche Dusche benutzen wolle. Sie fühle sich ständig angestarrt. Durch die beantragte Operation erhoffe sie sich eine Stärkung ihres Selbstwertgefühls und eine wieder aktive Teilnahme am täglichen Leben. Wegen ihrer Schamgefühle betätige sie sich in ihrer Freizeit sportlich nur wenig. Darüber hinaus traue sie sich nicht abzunehmen, weil sie Angst vor einer noch stärkeren Erschlaffung der Brust habe. Das Gewichtsverhalten sei seit der Pubertät relativ konstant. Die Gutachterin führte aus, bei der Klägerin bestünden beidseitig etwa fingertiefe Schnürfurchen. Die Schulter-/Nackenmuskulatur sei deutlich verspannt. Es bestehe eine uneingeschränkte Beweglichkeit im Bereich der gesamten Wirbelsäule. Es sei ein sehr deutlicher Leidensdruck bei der Klägerin spürbar und eine depressive Stimmungslage erkennbar. Die Gutachterin empfahl zunächst eine Gewichtsreduktion, um das Operations- und Narkoserisiko zu senken. Nach erfolgter Gewichtsreduktion könne eine Wiedervorstellung zur erneuten Begutachtung erfolgen. Aufgrund der deutlichen psychischen Beeinträchtigung werde eine ambulante psychologische Mitbetreuung dringend empfohlen.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 2008 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für eine Mammareduktionsplastik unter Bezugnahme auf das MDK-Gutachten von Diplom-Medizinerin M… zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab.
Hiergegen legte die Klägerin bei der Beklagten am 10. November 2008 Widerspruch ein. Ihr Gewicht beruhe nicht auf falscher Ernährung, sondern sei auf die ärztlich verordnete ...