Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zukunft. Leistungsausschluss wegen Bezug einer Altersrente. fehlende Bedarfsdeckung durch die Altersrente. Bewilligung eines Zuschusses
Leitsatz (amtlich)
Die Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zukunft ab dem Monatsersten wegen des erwarteten Bezugs einer nicht bedarfsdeckenden Rente wegen Alters ist jedenfalls dann rechtmäßig, wenn vor Abschluss des Vorverfahrens die Rente im selben Monat tatsächlich gezahlt wird und in Höhe des ungedeckten Bedarfs ein Zuschuss bewilligt wurde.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 27. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) II ab Januar 2017 wegen des Bezugs einer Rente wegen Alters.
Die Klägerin ist 1953 geboren. Sie bezog vom Beklagten seit Dezember 2014 Alg II (Erstbescheid v. 05.01.2015). Am 18.10.2016 beantragte sie die Weiterbewilligung. Der Beklagte forderte die Klägerin auf, bis zum 22.11.2016 „eine geminderte Altersrente“ zu beantragen (Bescheid v. 09.11.2016). Die Klägerin verlangte vom Beklagten eine Entscheidung über ihren Antrag vom 18.10.2016, da sie erst mit dem Zufluss der ersten Rentenzahlung vom Alg II ausgeschlossen sei (Schreiben v. 17.11.2016). Der Beklagte bewilligte ihr für Dezember 2016 bis November 2017 Alg II in Höhe von 675,17 € monatlich (Bescheid v. 18.11.2016). Ab Januar 2017 erhöhte er die Bewilligung auf 680,17 € monatlich (Bescheid v. 26.11.2016).
Auf Antrag der Klägerin vom 22.11.2016 bewilligte ihr die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland (nachfolgend: DRV) Altersrente für langjährig Versicherte (nachfolgend: Altersrente) mit einem Rentenbeginn am 01.12.2016, einer laufenden Zahlung von 561,95 € ab dem 01.02.2017 und einer Nachzahlung für Dezember 2016 bis Januar 2017 von 1.125,16 €, die vorläufig einbehalten wurde (Bescheid v. 14.12.2016).
Nach Kenntnis von der Rentenantragstellung (Antwort der Klägerin v. 22.11.2016) meldete der Beklagte bei der DRV einen Erstattungsanspruch an (Schreiben v. 23.11.2016). Nach Mitteilung der DRV über die Anerkennung eines Rentenanspruchs ab dem 01.12.2016, vorgenannter Nachzahlung und Zahlbeträge ab Februar 2017 (Schreiben v. 14.12.2016) bezifferte der Beklagte bei der DRV seinen Erstattungsanspruch für Dezember 2016 auf 677,49 € (Schreiben v. 21.12.2016) und hob die Bewilligung des Alg II für die Klägerin ab Januar 2017 ganz auf (Bescheid v. 21.12.2016).
Die dagegen gerichtete E-Mail der Klägerin vom 27.12.2016 legte der Beklagte als Widerspruch aus und wies ihn zurück (Widerspruchsbescheid v. 23.03.2017, W 4345/16). Der Bezug einer Altersrente führe zum Wegfall des Anspruchs auf Alg II. Ab Januar 2017 könne die Auszahlung der Altersrente durch die DRV erfolgen.
Nach Hinweis (Schreiben v. 27.12.2016) bewilligte der Beklagte der Klägerin auf Antrag ein zinsloses, am 01.02.2017 zurückzuzahlendes, Darlehen von 531,95 € für die Überbrückung bis zur ersten Rentenzahlung (Bescheid v. 03.01.2017). Der vom Beklagten beauftragte Inkasso-Service räumte der Klägerin die Ratenzahlung von 30,- € zur Tilgung des Darlehens ein (Ratenzahlungsvereinbarung v. 31.01.2017). Weiterhin bewilligte der Beklagte der Klägerin für Januar 2017 - ausgehend von einer Rentenzahlung am Monatsende - in „Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen Bedarf und anzurechnendem Einkommen für den Zeitraum vor dem ersten Zufluss“ 143,28 € als Zuschuss (weiterer Bescheid v. 03.01.2017).
Von der einbehaltenen Rentennachzahlung (1.125,16 €) blieb nach Befriedigung (563,21 €) des vom Beklagten geltend gemachten Erstattungsanspruchs ein Restbetrag von 561,95 € (DRV, Schreiben v. 05.01.2017), der am 10.01.2017 auf das Girokonto der Klägerin überwiesen wurde. Die Überweisung der vom Beklagten mit den Bescheiden vom 03.01.2017 bewilligten Leistungen (insgesamt 675,23 €) erfolgte am 09.01.2017 und die Überweisung der Altersrente für Februar 2017 (561,95 €) am 28.02.2017.
Auf Antrag der Klägerin vom 01.12.2016 bewilligte ihr das Landratsamt Vogtlandkreis (nachfolgend: Sozialhilfeträger) ab Februar 2017 Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 126,36 € monatlich (Bescheid v. 27.01.2017).
Am 20.04.2017 hat die Klägerin beim Sozialgericht Chemnitz (SG) Klage erhoben und beantragt, „den Aufhebungsbescheid vom 21.12.2016 aufzuheben und den Beklagten zur Zahlung der bewilligten Leistungen in voller Höhe für die Monate Januar 2017 und Februar 2017 bis zum ersten Zufluss der Rente am 28.02.2017 zu zahlen" (Klageschrift v. 18.04.2017).
Das SG hat am 09.11.2017 den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert (Niederschrift v. selben Tag) und danach die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid v. 27.02.2018). Der Aufhebungsbescheid sei rechtmäßig, da die Klägerin a...