Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Eilbedürftigkeit. unaufschiebbare Leistung. keine Kostenübernahme von operativem Eingriff ≪hier Bauchdeckenreduktionsplastik≫ in einem im Normbereich liegenden Körperzustand
Orientierungssatz
1. Beruht die Eilbedürftigkeit allein auf einer privaten Disposition (hier: Betreuung der Kinder) liegt eine unaufschiebbare Leistung iS des § 13 Abs 3 Alt 1 SGB 5 nicht vor.
2. Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht verpflichtet, zur Behebung einer psychischen Störung die Kosten für einen operativen Eingriff (hier: Bauchdeckenreduktionsplastik) in einem im Normbereich liegenden Körperzustand zu tragen. Die von den Kassen geschuldete Krankenbehandlung umfasst grundsätzlich nur solche Maßnahmen, die unmittelbar an der eigentlichen Krankheit ansetzen.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. März 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung der Kosten für die Durchführung einer Bauchdeckenplastik.
Die 1975 geborene Klägerin, die bei der Beklagten versichert ist, ist Mutter von Drillingen (Kaiserschnittentbindung am 02. Februar 2000).
Bereits am 11. Juli 2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten telefonisch die Übernahme der Kosten für die Durchführung einer Bauchdeckenplastik.
Zur Begründung hat sie eine Bescheinigung von Dipl.-Med. H1. (Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in T.) und ein Attest von Dr. W1. (Psychiatrisch-Psychotherapeutische Praxis in S.) vorgelegt. In ihrer Bescheinigung vom 11. Juli 2001 hat Dipl.-Med. H1. ausgeführt, die Klägerin leide sehr an der durch ihre Drillinge stark überdehnten Bauchdecke. Die Klägerin sei zum ersten Mal mit 25 Jahren schwanger gewesen und mit Kaiserschnitt entbunden worden. Trotz intensiver Bemühungen bessere sich der Befund bei der schlanken Klägerin nicht, so dass eine operative Maßnahme medizinisch indiziert sei. Sie bitte im Interesse der Klägerin um eine positive Entscheidung hinsichtlich der Kostenübernahme der notwendigen Operation. Dr. W1. hat in ihrem Attest vom 06. Juli 2001 ausgeführt, es habe sich eruieren lassen, dass die schwangerschaftsbedingt veränderte Bauchdecke zu einer Beeinträchtigung des psychischen Befindens und daraus folgenden Einschränkungen in vielen Lebensbereichen führe. Die Klägerin habe von einem verminderten Selbstwertgefühl bei unangenehmem Körpergefühl und daraus resultierenden Stimmungsschwankungen berichtet. Eine derartige Operation könne aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht befürwortet werden, da die psychischen Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit der oben genannten körperlichen Beeinträchtigung stünden. Es sei zu erwarten, dass nach stattgehabter Operation eine Besserung des psychischen Befindens und der daraus folgenden Beeinträchtigungen eintreten werde.
Die Beklagte hat daraufhin ein Gutachten vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) erstellen lassen. In ihrem Gutachten vom 31. Juli 2001 (nach Untersuchung der Klägerin am 27. Juli 2001) hat die Sachverständige, Fachärztin F1., festgestellt, eine medizinische Indikation lasse sich nach der heutigen körperlichen Untersuchung unter Berücksichtigung der Anamnese und der von der Klägerin angegebenen subjektiven Beschwerden nicht feststellen. Es liege kein wesentlicher organischer Befund vor, der einen operativen Eingriff zur Korrektur "einer Fettschürze" hinreichend begründe. Die Klägerin habe mittlerweile ihr Normalgewicht wieder erreicht. Die Bauchdecke sei kräftig, habe sich gut nach der Entbindung gestrafft. Bis auf die senkrecht verlaufenden Striae in der Haut fänden sich keinerlei Veränderungen. Die etwa 1 cm dicke Unterhautfettschicht im Bereich des Mittel- und Oberbauches könne nicht als krankheitswertig eingeschätzt werden, sondern entspreche durchaus normalen Veränderungen. Diesen Befund möchte die Klägerin allerdings korrigiert haben, da sie sich erheblichem psychischen Druck ausgesetzt fühle, Minderwertigkeitskomplexe entwickelt habe und im zwischenmenschlichen Bereich Probleme angebe. Da kein organischer pathologischer Befund im Bauchdeckenbereich vorliege, bestehe keine Indikation für den geplanten medizinischen Eingriff. Psychische Erkrankungen müssten von Fachärzten für Psychiatrie und Psychologie behandelt werden.
Mit Bescheid vom 01. August 2001 hat die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme für eine Bauchdeckenreduktionsplastik abgelehnt. Eine medizinische Indikation für die beantragte Operation sei nicht gegeben. Es liege kein wesentlicher organischer Befund vor, der einen operativen Eingriff zur Korrektur "einer Fettschürze" hinreichend begründe. Psychische Beeinträchtigungen/Erkrankungen seien von entsprechenden Fachbehandlern zu therapieren.
Dagegen hat die Klägerin am 10. August 2001 Widerspruch eingelegt. Das Gutachten des MDK zweifele sie hinsichtlich der Aussagen zur Höhe...