Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Kodierung. operativer Eingriff zur Implantation einer Hüft-Totalendoprothese. Abriss des Trochanter major beim Einsetzen des Hohmann-Hakens. keine Kodierung der Nr M96.6 der ICD-10-GM 2012

 

Leitsatz (amtlich)

Für den Abriss des Trochanter major beim Einsetzen des Hohmann-Hakens zu Beginn der Hüftoperation ist wegen des im Jahr 2012 maßgeblichen Wortlauts die Diagnose M96.6 nach der ICD-10-GM 2012 nicht zu kodieren.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 14. Dezember 2016 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 4.375,11 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die weitere Vergütung einer Krankenhausbehandlung, insbesondere über die zutreffende Kodierung der Nebendiagnosen.

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus in A…., in dem die am 04.06.1926 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Y…. (im Folgenden Versicherte) vom 02.08.2012 bis 14.08.2012 stationär behandelt wurde. Unter dem 12.07.2012 stellte der Facharzt für Allgemeinmedizin und Notfallmedizin X…. die Diagnosen "Hüftgelenksschmerzen links (M25.55+LG)" sowie "Coxarthrosis s.a. Koxarthrose links (M16.9+LG)" und verordnete der Versicherten eine Krankenhausbehandlung. Der Versicherten wurde am 03.08.2012 eine zementfreie Hüfttotalendoprothese (HTEP) links implantiert, wobei es beim Einsetzen des Hohmann-Hakens zum Abriss des Trochanter major kam. Im Operationsbericht vom 03.08.2012 heißt es dazu:

"…

Beim Einsetzen des HOHMANN-Hakens kommt es zum Abriss des Trochanter major.

Reposition des Trochanter major und Retention mit 1,5 mm Zuggurtung (unterhalb des Trochanter minor). Die Operation wird damit beendet.

…"

Am 14.08.2012 wurde die Versicherte zur geriatrischen Anschlussheilbehandlung in das W…. Geriatriezentrum V…. verlegt.

Unter dem 15.08.2012 rechnete die Klägerin bei der Beklagten u.a. die DRG 2012 I03A (Revision oder Ersatz des Hüftgelenkes mit komplizierender Diagnose oder Arthrodese oder Alter ≪ 16 Jahre oder beidseitige Eingriffe oder mehrere große Eingriffe an Gelenken der unteren Extremität mit komplexem Eingriff, mit äußerst schweren CC) mit u.a. den Nebendiagnosen M96.6 (Knochenfraktur nach Einsetzen eines orthopädischen Implantates, einer Gelenkprothese oder einer Knochenplatte) ab und bat um Erstattung von Kosten in Höhe von 12.730,31 EUR. Nachdem die Beklagte den Rechnungsbetrag zunächst ausgeglichen hatte, leitete sie ein Prüfverfahren des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Sachsen ein. Im "Gutachten Stationäre Versorgung - DRG" vom 26.11.2012 wies Dr. med. U…. vom MDK darauf hin, dass die Kodierung der Nebendiagnosen durch die Klägerin nicht nachvollziehbar sei. Statt der Nebendiagnose nach M96.6 sei die Nebendiagnose S72.00 (Schenkelhalsfraktur: Teil nicht näher bezeichnet) gegeben, woraus sich die DRG I05Z (Anderer großer Gelenkersatz oder Revision oder Ersatz des Hüftgelenkes ohne komplizierende Diagnose, ohne Arthrodese, ohne komplexen Eingriff, mit äußerst schweren CC) ergebe. Mit Schreiben vom 05.12.2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Nebendiagnose M96.6 nicht belegt und mit den Diagnosen S72.00 und Y69! zu kodieren sei.

Auf den Widerspruch der Klägerin vom 08.01.2013 holte die Beklagte ein weiteres Gutachten des MDK ein, in dem Dipl.-Med. T…. am 12.10.2013 die Einschätzung des Dr. med. U…. bestätigte. Strittig bleibe nach dem Vorgutachten, ob für die Abbildung einer intraoperativ aufgetretenen iatrogenen Femurfissur beim Implantieren einer TEP die Diagnose M96.6 zu kodieren sei. Die MDK-Gemeinschaft habe sich in einer Stellungnahme der SEG 4 dem bekannten Problem mit der Schlussfolgerung gewidmet, dass so spezifisch wie möglich nach den gültigen ICD, OPS und Kodierregeln kodiert werden müsse und dass die Fraktur spezifisch bezüglich Art, Ort und Zusammenhang mit einer medizinischen Maßnahme mit S72.3 und Y69! ausreichend und treffender als mit M96.6. zu kodieren sei. Das Anwenden von S73.3 und M96.6 stelle ein Problem der Zusatz- und Doppelkodierung dar. In der Allgemeinen Kodierrichtlinie D012 Abs. 2 sei geregelt: "Zu einer Schlüsselnummer aus Kapitel XIX (enthalten die S-Diagnosen), die die Art der Verletzung beschreibt, kann auch eine Schlüsselnummer aus Kapitel XX (enthalten die Y-Diagnosen) für die Ursache zusätzlich angegeben werden." Werde also aus dem Kapitel XIII (enthalten die M-Diagnosen) zusätzlich derselbe medizinische Sachverhalt kodiert, handele es sich um eine Doppelkodierung. Zusammenfassend verbleibe die Einschätzung zur Streichung von M96.6. Mit Schreiben vom 29.01.2014 übersandte die Beklagte der Klägerin die "SEG-Kodierempfehlungen 1 - 256, Nr. 254, erstellt am 23.10.2008, aktualisiert am 15.01.2014, wonach eine ...

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