Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Anwartschaftszeit. Arbeitslosenhilfe. Erlöschensfrist. Bezug von Erziehungsgeld. Bezug von Mutterschaftsgeld
Leitsatz (redaktionell)
1. Vor dem 1. Januar 1998 liegende Zeiten des Erziehungsgeldbezugs und des Bezugs von Mutterschaftsgeld sind gem. § 107 Nr. 5b und c nach dem Recht des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) anwartschaftsbegründend, indem sie den beitragspflichtigen Beschäftigungen des § 168 AFG gleichgestellt wurden. An dieser rechtlichen Qualifikation der genannten Zeiten hat sich durch das SGB III deswegen nichts geändert, weil § 427 Abs. 3 SGB III bestimmt, dass sie für Zeiträume nach dem 1. Januar 1998 Zeiten in einem Versicherungspflichtverhältnis gleichstehen. Dies hat zur Folge, dass sie nach § 427 Abs. 2 SGB III bei der Anwendung der Regelungen zur Berechnung der Rahmenfrist unberücksichtigt bleiben.
2. Die Nichtberücksichtigung des danach liegenden Bezugs von Erziehungsgeld als anwartschaftsbegründender Zeit begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
3. Für das Erlöschen des Alhi-Anspruchs gem. § 196 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III ist unerheblich, auf welchen Gründen der zwischenzeitliche Bezug bzw. Nichtbezug von Alhi beruhte und insbesondere, ob der Bezug oder Nichtbezug innerhalb dieser Frist rechtmäßig oder rechtswidrig war. § 196 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB III kann wegen Fehlens einer “planwidrigen Regelungslücke” auch nicht dahingehend ergänzend ausgelegt werden, dass Zeiten des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots vor der Entbindung gem. § 3 Abs. 2 Mutterschutzgesetz (MuSchuG) mit Bezug von Mutterschaftsgeld über die in Satz 2 genannte Höchstdauer hinaus zur Verlängerung der Erlöschensfrist führen.
Normenkette
SGB III § 124 Abs. 1, § 427 Abs. 2-3, § 196 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; AFG § 107 Nrn. 5b, 5c, § 168
Verfahrensgang
SG Dresden (Gerichtsbescheid vom 15.11.2001; Aktenzeichen S 17 AL 666/00) |
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 15. November 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind der Klägerin auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) hat.
Die am … geborene, verheiratete Klägerin war von Dezember 1986 bis Oktober 1988 als Tierpflegerin und vom 05. Januar 1989 bis 31. Dezember 1991 (zuletzt in Kurzarbeit) als Montiererin beschäftigt. Auf ihren am 09. Dezember 1991 mit Wirkung zum 01. Januar 1992 gestellten Antrag bewilligte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 24. Januar 1992 Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 01. Januar 1992 für die Dauer von 312 Tagen.
Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, der voraussichtliche Entbindungstermin ihres Kindes sei der 02. Juli 1992, beendete die Beklagte den Leistungsbezug zum 21. Mai 1992.
Nach dem Bezug von Mutterschaftsgeld in der Zeit vom 21. Mai 1992 bis 25. August 1992 und Erziehungsgeld nach dem Bundes- bzw. Sächsischen Landeserziehungsgeldgesetz für den Zeitraum vom 30. August 1992 bis zum 29. Juni 1994 meldete sich die Klägerin am 26. Mai 1994 zum 01. Juli 1994 erneut arbeitslos und beantragte Alg. Dieses wurde ihr nach Erwerb eines Neuanspruchs auf Alg durch Erziehungsgeldbezug mit Bescheid vom 20. Juli 1994 ab dem 30. Juni 1994 für die Dauer von 312 Tagen bewilligt.
Die ihr danach antragsgemäß bewilligte Anschluss-Arbeitslosenhilfe (Alhi) betrug zuletzt 138,00 DM wöchentlich (Bescheid vom 15.07.1996).
Im Rahmen einer persönlichen Vorspräche am 08. Januar 1997 teilte die Klägerin mit, dass der voraussichtliche Entbindungstermin für ihr weiteres Kind der 29. März 1997 sei. Die Beklagte stellte daraufhin die Alhi-Zahlung mit Wirkung ab 16. Februar 1997 ein.
Am 06. März 2000 stellte die Klägerin einen Antrag auf Fortzahlung von Alhi und gab an, sie übe eine Tätigkeit als Zeitungszustellerin mit weniger als 15 Wochenstunden aus. Über ihre Vorsprache findet sich ein Eintrag vom gleichen Tage, nach welchem ihr Unterlagen nach Erziehungsgeldbezug ausgehändigt worden seien und eine, allgemeine Rechtsfolgenbelehrung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) erteilt worden sei. Die Klägerin sei uneingeschränkt verfügbar. Die Kinder seien versorgt, sie übe eine Nebentätigkeit aus. Der zeitliche Umfang dieser Tätigkeit betrug 2 bis 2,5 Std./Woche. Auf der Lohnsteuerkarte war die Lohnsteuerklasse V zu Beginn des Jahres 2000 eingetragen nebst Kinderfreibeträgen. Die Höhe des Arbeitsentgelts aus der Nebentätigkeit betrug 70,06 Euro netto. Der Ehegatte der Klägerin bezog Alg. Die Ehegatten haben 4 gemeinsame Kinder, das älteste 1989 geboren. Beiträge zu Versicherungen wurden wie folgt geltend gemacht: monatlich 42,06 DM Kranken- und 33,90 DM Unfall- sowie vierteljährlich 263,50 DM Kfz-Versicherung.
In der Zeit vom 15. Februar 1997 bis zum 01. Juni 1997 hatte die Klägerin Mutterschaftsgeld bezogen und anschließend bis 05. April 2000 Erziehungsgeld nach dem Bundes- bzw. Landeserziehungsgeldgesetz.
Am 13. Jul...