Verfahrensgang

SG Leipzig (Urteil vom 26.06.1996; Aktenzeichen S 10 V 117/95)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 26. Juni 1996 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beklagte dem Kläger 1/10 der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten hat.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Umfang der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Der am … geborene Kläger, im bürgerlichen Beruf Maschinenschlosser, war seit dem 15.10.1942 Angehöriger der deutschen Wehrmacht. Im Februar oder März 1943 stürzte er bei einer nächtlichen Alarmübung an der französischen Mittelmeerküste in einen Splittergraben und zog sich eine schwere Rückenprellung zu. In späteren Berichten ist gelegentlich auch der Mai 1943 als Unfallzeitpunkt angegeben.

Allerdings wurden am 25.03.1943 bereits „Phlegmone der Lende” mit Verdacht auf Tuberkulose (Tbc) diagnostiziert; eine weitere Eintragung lautet: 19.05.1943 Bluterguß im Rücken (Unfall). Jedenfalls wurde das ausgedehnte Hämatom zunächst punktiert, eine nachfolgende Infektion mit Ausbildung eines Fistelganges machte eine komplizierte Nachbehandlung mit Operation erforderlich. Hierbei wurde die zum Beckenkamm ziehende Muskulatur durchtrennt und eine Gegeninzision an der Vorderseite des rechten Oberschenkels gemacht. Es kam auch zur scharfen Durchtrennung der Lendenmuskulatur (Operation vom 31.05.1944). Am 15.07.1944 mußte es zu einer Nachoperation kommen, da sich in der linken Gesäßseite ein Abzeß gebildet hatte. In dem histologischen Befund wurde tuberkulöses Granulationsgewebe nachgewiesen. Eine später angelegte Tuberkulinhautprobe war allerdings negativ. In einer zusammenfassenden Beurteilung kamen die Militärärzte zu dem Ergebnis, daß das Aussehen der Wunde, der ganze Heilungsverlauf, das Allgemeinbefinden und die negativen Tuberkulinreaktionen gegen eine tuberkulöse Genese der Erkrankung sprächen. Sie bejahten einen ursächlichen Zusammenhang mit dem im Mai 1942 (!) im Fronteinsatz erlittenen Unfall.

Nach dem Krieg erhielt der Kläger zunächst vom Rat des Landkreises Leipzig eine Bescheinigung über 50 % Erwerbsbehinderung sowie einen Schwerbeschädigtenausweis. Dieser Entscheidung lag allerdings die Annahme einer Wirbelsäulenverletzung zugrunde.

Der Kläger arbeitete zunächst vom 22.01.1946 bis 30.10.1950 als Maschinenschlosser, danach als Sachbearbeiter in der Planung und ab 08.10.1951 bei der Deutschen Reichsbahn – Ausbesserungswesen, Werk RAW „Einheit” Leipzig zunächst als technischer Angestellter, danach in der Plankontrolle. Seit 01.01.1959 als Produktionsplanes und zuletzt ab 01.01.1973 bis zum 31.08.1989 als Entwicklungsbearbeiter in der Abteilung Versuchs- und Entwicklungsstelle für das Ausbesserungswesen. In den Jahren 1965–1968 betrug sein versicherungspflichtiges Einkommen 6.300,00 M, 1974 (Vers.pfl. + FZR) 10.320,00 M und erreichte im Jahre 1979 den Betrag von 12.888,00 M. Ab 01.01.1992 betrug seine monatliche Altersrente bei 60,2700 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) brutto 1.430,56 DM.

Am 26.03.1991 stellte der Kläger bei dem Beklagten den Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem BVG.

Im Auftrag des Beklagten erstattete der Hausarzt des Klägers Dr. … ein Gutachten und diagnostizierte eine gestörte Statodynamik der Lendenwirbelsäule aufgrund der fehlenden Rückenmuskulatur, Gefahr des seitlichen Einknickens, Unfähigkeit zu schwerem Heben und Tragen. Er schätze die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 30 v.H. ein.

Mit Vorbehaltsbescheid vom 25.06.1992 wurde dem Kläger eine Grundrente nach einer MdE von 30 v.H. gewährt. Der Kläger reichte daraufhin ein Schreiben des Hausarztes ein, in welchem jener bedauert, daß es durch die Fehlbeurteilung in einem äußerst sensiblen Bereich zu einer schweren Vertrauenskrise im Arzt-Patienten-Verhältnis gekommen sei und daß es bis zum Vorliegen des endgültigen Bescheides richtig heißen müsse: MdE 50 v.H.

Der Beklagte veranlagte daraufhin eine nochmalige Überprüfung des Falls durch den Versorgungsarzt Dr. … nach Aktenlage. Dieser wies darauf hin, daß nach Ende des Krieges der Bluterguß nicht mehr bestand, die Fisteleiterung beseitigt war und eine Wirbelsäulenverletzung nie vorgelegen habe. Als Schädigungsfolgen schlug er daher vor: Funktionsstörung der Rückenmuskulatur, Narbenbildungen im Lendenwirbelsäulen, rechten Beckenschaufel- und Leistenbereich; MdE: 30 v.H.

Entsprechend lauteten die mit endgültigem Erstanerkennungsbescheid vom 20.01.1994 anerkannten Schädigungsfolgen.

In dem dagegen erhobenen Widerspruch wies der Kläger darauf hin, daß er aus russischer Kriegsgefangenschaft am 22.11.1945 als arbeitsuntauglich entlassen worden sei. Dies spreche für eine höhere MdE.

Ein daraufhin eingeholtes fachärztliches Gutachten bestätigte aber die MdE von 30 % (Frau Dr. … und Dr. Dr. …).

Der Widerspruch wurde nunmehr mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Schädigungsfolgen wie folgt umformuliert wurden:

  • Funktionsstörung der Rückenmuskulatur
  • Narbenbildung im Lendenwirbelsäulen, rechten Be...

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