Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Einkommensanrechnung. tarifvertragliche Überbrückungsbeihilfe

 

Orientierungssatz

Leistungen eines privaten Arbeitgebers an Arbeitslose (hier Überbrückungsbeihilfe, die aus öffentlichen Mitteln refinanziert werden können) bleiben nicht nach § 194 Abs 3 Nr 5, 7 SGB 3 oder § 11 S 1 Nr 6 AlhiV anrechnungsfrei.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Juni 2001 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab 24. März 1999. Hierbei ist insbesondere streitig, ob eine vom ehemaligen Arbeitgeber gezahlte Überbrückungsbeihilfe anzurechnen ist und damit die Bedürftigkeit entfällt.

Die Klägerin war vom 01. Februar 1967 bis 31. Dezember 1996 versicherungspflichtig beschäftigt. Durch Aufhebungsvertrag vom 14. Dezember 1995 wurde das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1996 beendet. Dabei wurde die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe in Höhe von 90 % des Nettomonatsentgelts (= 1.650,00 DM) abzüglich Arbeitslosengeld vereinbart. Grundlage für diese Regelung war der Vorruhestandstarifvertrag der D. B. AG vom 01. Januar 1995.

Vom 15. April 1997 bis 23. März 1999 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld, zuletzt ausgehend von einem gerundeten Bemessungsentgelt in Höhe von 680,00 DM wöchentlich; die Bewilligung erfolgte jeweils nach dem allgemeinen Leistungssatz unter Zuordnung zur Leistungsgruppe A. Bis 31. Dezember 1998 war auf der Lohnsteuerkarte der Klägerin die Steuerklasse IV ohne Kinderfreibetrag eingetragen. Zum 01. Januar 1999 wechselte die Klägerin von Steuerklasse IV nach Steuerklasse V.

Am 16. Februar 1999 beantragte sie die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Dabei gab sie an, seit 01. Januar 1997 Überbrückungsbeihilfe der D. B. AG in Höhe von 600,00 DM monatlich zu beziehen.

Von April 1999 bis September 1999 erhielt die Klägerin Überbrückungsgeld i. H. v. 2.406,26 DM brutto monatlich (= 1.729,31 DM netto), ab Oktober 1999 2.454,87 DM brutto monatlich (= 1.759,99 DM netto), ab Januar 2000 2.410,92 DM brutto monatlich (= 1.759,99 DM netto) und von Dezember 2000 bis September 2001 2.369,82 DM brutto monatlich (= 1.781,31 DM netto). Seit 01. Oktober 2001 ist die Klägerin Bezieherin von Altersrente für Frauen.

Der Leistungssatz der Arbeitslosenhilfe der Klägerin ohne Einkommensanrechnung hätte ab März 1999 bei einem Bemessungsentgelt von 680,00 DM pro Woche in Leistungsgruppe D ohne Kindermerkmal 169,19 DM betragen.

Mit Bescheid vom 11. März 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe mit der Begründung ab, es fehle an der Bedürftigkeit der Klägerin, weil der auf die Arbeitslosenhilfe anzurechnende Einkommens-Betrag den Leistungssatz von 234,99 DM übersteige.

Den hiergegen am 17. März 1999 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 1999 zurück. Die Übergangsregelungen in § 427 Abs. 7 SGB III in der ab 01. Januar 1998 geltenden Fassung in Verbindung mit § 242x Abs. 7 AFG in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung in Verbindung mit § 138 Abs. 3 Nr. 4 AFG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung in Verbindung mit § 242x Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 AFG kämen nicht zur Anwendung, weil die Klägerin erst nach dem dort genannten Stichtag, dem 14. Februar 1941, geboren sei. Die Überbrückungsbeihilfe sei deshalb in voller Höhe auf die Arbeitslosenhilfe anzurechnen. Ausweislich der vorgelegten Verdienstbescheinigung und einer nochmaligen Bestätigung der D. B. AG vom 9. März 1999 erhalte die Klägerin eine garantierte Arbeitgeberleistung in Form der Überbrückungsbeihilfe in Höhe von monatlich 1.650,00 DM. Bis zum 23. März 1999 habe sie Arbeitslosengeld nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 680,00 DM in Höhe eines wöchentlichen Leistungssatzes von 266,07 DM erhalten. Die Höhe der Arbeitslosenhilfe bestimme sich nach § 200 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Danach sei Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe das Bemessungsentgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden sei oder ohne die Vorschrift über die Verminderung des Bemessungsentgelts wegen tatsächlicher oder rechtlicher Bindungen oder wegen Einschränkung des Leistungsvermögens bemessen worden wäre. Die Höhe der Arbeitslosenhilfe betrage für Arbeitslose, die kein Kind im Sinne des Einkommensteuergesetzes hätten, 53 vom Hundert des Leistungsentgeltes (§ 195 Satz 1 Nr. 2 SGB III). Die Klägerin würde somit Arbeitslosenhilfe - nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 680,00 DM unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe A (Lohnsteuerklasse IV) sowie des allgemeinen Leistungssatzes - in Höhe von 234,99 DM wöchentlich erhalten. Das monatliche Überbrückungsgeld betrage 1.650,00 DM netto. Dies entspreche einer wöchentlichen Überbrückungsbeihilfe von 380,77 DM. Diese wöchentliche Überbrückungsbeihilfe übersteige den wöchentlichen Leistungssatz in Höhe vo...

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