Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. einmalige Kosten für Heizmaterial. Eintritt von Hilfebedürftigkeit im Fälligkeitsmonat des aktuellen Bedarfs. keine Verteilung der Heizmaterialkosten auf 12 Monate. kein Verweis auf Ansparung oder zukünftiges Einkommen
Leitsatz (amtlich)
1. Einmalige Kosten für die Beschaffung von Heizmaterial sind als aktueller Bedarf im Monat der Fälligkeit zu berücksichtigen. Eine (fiktive) Verteilung der Kosten auf einen längeren Zeitraum verbietet sich, unabhängig davon ob ein laufender Leistungsbezug vorliegt oder nicht.
2. Ein Verweis auf Ansparungen zur Deckung eines aktuellen Bedarfs an Heizkosten oder eine Anrechnung von (prognostisch) zukünftig zufließendem Einkommen kann nicht erfolgen.
Orientierungssatz
1. Die Regelungen des § 24 Abs 3 S 3, S 4 SGB 2 können mangels planwidriger Regelungslücke nicht analog angewendet werden.
2. In Betracht gezogen werden könnte allenfalls ein Ersatzanspruch gemäß § 34 SGB 2, sofern sozialwidriges Verhalten vorliegen sollte.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger im Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung von Kosten für die einmalige Beschaffung von Heizmaterial im Monat September 2013 als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Kläger, eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 SGB II) bestehend aus den Eltern (geb. 1965 und 1964) und ihren drei minderjährigen Kindern (geb. 2000, 2003, 2005), bewohnten im maßgeblichen Zeitraum ein Eigenheim (Wohnfläche: 102 qm) in A.... (T....). Beheizt wurde das Anwesen mit Kohle und Heizöl.
Ende September 2013 beantragten die - nicht im laufenden Leistungsbezug stehenden - Kläger (wie in den Vorjahren) bei dem Beklagten den "einmaligen jährlichen Heizkostenzuschuss" für das Jahr 2013. Über nennenswerte, unmittelbar verwertbare Vermögenswerte verfügten sie zu diesem Zeitpunkt nicht. Dem Antrag vom 14.09.2013 beigefügt waren Rechnungen über den Kauf von Briketts (224,55 €) und Heizöl (1.160,68 €) vom 05.09.2013 und vom 24.09.2013, die von den Klägern jeweils unmittelbar beglichen worden waren. Die Bevorratung mit den in den Rechnungen ausgewiesenen Brennstoffmengen (45 Stück Briketts, 1.500 Liter Heizöl) war - nach den Erfahrungen der Vorjahre - zur Beheizung des Anwesens in der bevorstehenden Heizperiode (2013/2014) erforderlich, da die Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr über nennenswerte Vorräte an Brennstoffen verfügten.
Weitere unterkunftsbezogene Aufwendungen entstanden den Klägern im Monat September 2013 für Wasser (Abschlag in Höhe von 146,00 €) sowie Schuldzinsen (34,77 € + 83,81 € = 118,58 €).
Die Klägerin zu 1. erzielte im Monat September Einkommen aus abhängiger Beschäftigung (236,00 € brutto / 224,50 € netto). Der Kläger zu 2. erzielte ebenfalls Einkommen aus abhängiger Beschäftigung (2.156,67 € brutto / 1.674,51 € netto). Für die Kläger zu 3. bis 5. wurde Kindergeld gezahlt (Kläger zu 3. und 4.: je 184,00 €; Klägerin zu 5.: 190,00 €).
Der Beklagte lehnte die Gewährung von SGB II-Leistungen ab (Bescheid vom 23.10.2013, Widerspruchsbescheid vom 14.01.2014). Einmalige Heizkosten seien grundsätzlich im Monat der Beschaffung des Heizmaterials - vorliegend mithin im Monat September 2013 - als Bedarf zu berücksichtigen. Da die Kläger jedoch nicht im laufenden Leistungsbezug stünden, sei zu prüfen, ob unter Anrechnung der auf einen angemessenen Zeitraum von zwölf Monaten umgelegten Heizkosten Hilfebedürftigkeit vorliege. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die Kläger die angefallenen Kosten (1.385,23 €) aus vorhandenem übersteigenden Einkommen decken könnten. Bei einer Berücksichtigung der Heizkosten mit einem monatlichen Betrag von 115,43 € sei der Gesamtbedarf von monatlich 1.807,34 € (1.455,00 € Regelbedarfe + 236,91 € Nebenkosten + 115,43 € Heizkosten) durch das im Zeitraum September 2013 bis Februar 2014 erzielte Gesamteinkommen in Höhe von monatlich mindestens 2.036,51 € (konkret: 2.538,66 € im September 2013, 2.611,86 € im Oktober 2013, 2.148,66 € im November und Dezember 2013, 2.036,51 € im Januar und Februar 2014) gedeckt. Den Klägern sei es daher zuzumuten, die Heizkosten vollständig aus Ansparungen aufzubringen.
Gegen die Ablehnungsentscheidung des Beklagten haben die Kläger am 03.02.2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Chemnitz erhoben. Die Heizkosten seien als einmaliger Bedarf für Aufwendungen der Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) im Monat der Fälligkeit (September 2013) zu berücksichtigen. Für die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung auf zwölf Monate fehle es an einer Rechtsgrundlage. In den Vorjahren seien - bei gleicher Sachlage - die Kosten regelmäßig im Monat der Beschaffung der Brennstoffe als KdU-Bedarf berücksich...