Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung. Unaufschiebbarkeit. Versorgungslücke. Zugelassenes Krankenhaus. Versorgungsvertrag. Geburtshaus
Leitsatz (redaktionell)
Versicherte haben keinen Anspruch auf Entbindung in einem sog. Geburtshaus, das mit der Krankenkasse keinen Versorgungsvertrag geschlossen hat.
Normenkette
SGB V § 13 Abs. 2-3, § 76 Abs. 1 S. 2, § 108; RVO § 195 Abs. 1 Nr. 3, § 197 S. 1
Verfahrensgang
SG Chemnitz (Urteil vom 26.09.2001; Aktenzeichen S 13 KR 146/00) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 26. September 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten anlässlich der Entbindung der Klägerin im Geburtshaus G. für die Zeit vom 05. April bis 10. April 2000.
Das Geburtshaus G. (Geburtshaus) ist eine von einer Hebamme geleitete Einrichtung, in der Schwangere – je nach Wunsch – ohne Übernachtung oder im Rahmen eines mehrtägigen Aufenthalts ihr Kind zur Welt bringen können. Vertragliche Vereinbarungen mit der Beklagten bestehen nicht. Am 06. August 1998 erhielt das Geburtshaus vom T. Landesverwaltungsamt die gewerberechtliche Konzession zum Betreiben einer Privatkrankenanstalt. Eine Zulassung nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch besitzt das Geburtshaus nicht.
In der Zeit vom 05. April bis 10. April 2000 befand sich die Klägerin zur Entbindung ihres Sohnes M. (geboren …) im Geburtshaus, in das sie nach eigenen Angaben stationär aufgenommen wurde. Das Geburtshaus stellte der Klägerin nach der HebGebO Thüringen 6 Tagessätze zu je 248,00 DM in Rechnung (Gesamtbetrag 1.488,00 DM, Rechnung vom 09. April 2000).
Mit Schreiben vom 17. April 2000 bat die Klägerin die Beklagte, bei der sie versichert ist, um Begleichung der ihr entstandenen Kosten.
Unter dem 19. April 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die stationäre Entbindung nach § 197 Reichsversicherungsordnung (RVO) umfasse Unterkunft, Pflege und Verpflegung in einem zum Zwecke der Entbindung aufgesuchten Krankenhaus oder in einer anderen Einrichtung. Dabei müsse es sich allerdings um ein Krankenhaus im Sinne des § 107 Abs. 1 SGB V oder um eine von der Krankenkasse anerkannte andere Einrichtung handeln. Die Entbindungsanstaltspflege dürfe nur in zugelassenen Einrichtungen (§§ 107, 108 SGB V) erbracht werden. Das Geburtshaus sei eine Einrichtung, die von einer Hebamme zum Zwecke der ambulanten Geburtshilfe betrieben werde. Eine Entbindung in einem Geburtshaus entspreche einer Hausentbindung. Das Geburtshaus in G. sei kein Vertragshaus der Beklagten. Es bestehe kein Versorgungsvertrag gemäß §§ 107 und 108 SGB V. Vergütungsvereinbarungen seien bisher wegen nicht geklärter Qualitätsstandards und der im Vergleich zu der Fallpauschale im Krankenhaus überhöhten Forderungen der Geburtshäuser nicht getroffen worden. Man habe sich im Rahmen einer Einzelfallentscheidung entschieden, der Klägerin den Differenzbetrag in Höhe von 248,00 DM zwischen Fallpauschale im Krankenhaus und den Aufwendungen für die ambulante Geburt in einem Geburtshaus zu erstatten. Eine Erstattung der Rechnung in voller Höhe sei nicht möglich.
Dagegen legte die Klägerin am 12. Mai 2000 Widerspruch ein, der ohne Erfolg blieb (Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2000). Da sie die Gewährung von Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft in dem durch Gesetz und Satzung bezogenen Leistungsrahmen sowie nach Maßgabe der von der Kasse mit den Leistungserbringern (u.a. Ärzte, Krankenhäuser, Hebammen) abgeschlossenen Verträge (§ 2 Abs. 2 SGB V) schulde, sei auf der Grundlage des § 196 RVO eine Erstattung der streitbefangenen Aufwendungen nicht möglich. Auch die Vorschrift des § 197 RVO könne vorliegend einen Erstattungsanspruch nicht begründen. Diese Vorschrift gelte nur für stationäre Entbindungen. Auf die Inanspruchnahme derartiger Einrichtungen sei vorliegend jedoch verzichtet worden. Das in Anspruch genommene Geburtshaus sei kein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus oder – mangels vertraglicher Bindung – eine andere Einrichtung im Sinne des § 197 RVO, so dass ein Anspruch auf stationäre Entbindung in diesem Geburtshaus nicht bestehe. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass eine medizinisch notwendige Versorgung im vertragsgemäßen Rahmen durch die in ausreichendem Maße zur Verfügung stehenden Vertragsbehandler und Vertragseinrichtungen sichergestellt sei. Ergänzend werde darauf aufmerksam gemacht, dass die Hebammenhilfe-Gebührenverordnung (HebGV) nach ihrem § 1 die Vergütung für die Leistungen der freiberuflichen Hebammen im Rahmen der Hebammenhilfe in der gesetzlichen Krankenversicherung bestimme und insoweit die den Versicherten nach § 195 Abs. 1 Nr. 1 RVO im Einzelnen zustehende Hebammenhilfe konkretisiere. Nicht erfasst von der HebGV würden dagegen weitergehende Kosten wie zum Beispiel Investions- und Vorhaltekosten außerklininischer Geburtshilfeeinrichtungen. Der...