Orientierungssatz

Ein Rollstuhl-Hand-Bike ist für einen erwachsenen Versicherten kein Hilfsmittel iS des § 33 SGB 5 (Anschluss an BSG vom 16.9.1999 - B 3 KR 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31).

 

Verfahrensgang

SG Leipzig (Urteil vom 12.09.2000; Aktenzeichen S 8 KR 89/96)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.05.2003; Aktenzeichen B 3 KR 33/02 R)

BSG (Urteil vom 07.05.2002; Aktenzeichen B 1 KR 3/02 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 12. September 2000 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Versorgung mit einem Hand-Bike.

Der ... 1963 geborene Kläger leidet an einer Querschnittslähmung mit Inkontinenz als Folge eines Autounfalls. Dr. S, Facharzt für Innere Medizin in L, verordnete dem Kläger im Februar 1996 ein "Hand-Bike lt. vorliegendem Prospekt". Ein Hand-Bike/Handy-Bike ist ein Einhängefahrrad (Rollstuhl- Bike), darunter versteht man im Allgemeinen ein handbetriebenes Vorschaltfahrrad für einen normalen Rollstuhl, wobei der Rollstuhlfahrer selbst über eine Handkurbel das Vorderrad antreibt. Am 01. März 1996 ging hierauf bei der Beklagten ein Kostenvoranschlag der Firma Sanitätshaus G -- Orthopädietechnik GmbH -- in L vom 01. März 1996 ein. Der Kostenvoranschlag betrifft ein Rollstuhl Hand-Bike Speedy, eine Speedy-Kupplung, Ergogriffe, ein Planet-Getriebe sowie einen Speedy-Bag in Höhe von insgesamt 6.019,68 DM.

Der Beklagte hat daraufhin ein Pflegegutachten Dr. P MDK im Freistaat Sachsen, vom 22. Februar 1995 beigezogen. Darin wird unter anderem ausgeführt, der Kläger verfüge über zwei Rollstühle, ein behindertengerechtes Bett (elektrisch verstellbar), einen Badewannenlifter, Brille, Toilettenstuhl und Rutschbrett. Dadurch würde die fehlende Gehfähigkeit voll kompensiert. Der Kläger benötige Hilfe beim Verlassen des Bettes und Erreichen des Rollstuhles. Er müsse gewaschen werden, teilweise benötige er Hilfe bei Darm- und Blasenentleerungen. Das Essen müsse zubereitet werden, da er aufgrund der räumlichen Enge sich in der Küche mit dem Rollstuhl nicht bewegen könne. Beim Verlassen der Wohnung sei ebenfalls Hilfe erforderlich. Technische Hilfen und bauliche Maßnahmen zur Anpassung des Wohnumfeldes seien erforderlich. Eine behindertengerechte Wohnung mit ausreichend großem Bad und großer Küche und entsprechende Räumlichkeiten seien notwendig. Die vorhandene Wohnung sei für Rollstuhlfahrer ungeeignet, selbst Umbaumaßnahmen seien nicht effektiv.

Von Dr. K, MDK im Freistaat Sachsen, ließ die Beklagte ein Gutachten zur Verordnung des Hand-Bike erstellen. In seinem Gutachten vom 15. April 1996 führte Dr. K aus, bei dem Kläger handele es sich um eine Querschnittslähmung im Bereich der unteren BWS (laut vorhandener Unterlagen 11 oder 12 BWK). Bei dem Kläger erfolgten in den letzten zwei Jahren mehrere Hausbesuche im Zusammenhang mit Hilfsmittelversorgung und Pflegebedürftigkeit. Die beantragte Versorgung mit einem Einhängefahrrad werde aus medizinischer Sicht nicht befürwortet. Krankenfahrzeuge würden gewährt, wenn das Gehvermögen aufgehoben oder hochgradig eingeschränkt sei. Dies sei bei dem Kläger durch die Vergabe von zwei Rollstühlen erfolgt. Die Querschnittslähmung bedinge eine Gebrauchsunfähigkeit der Beine, der Oberkörper sei nicht betroffen, d. h. die Arme seien normal einsetzbar, unter diesen Umständen sei eine Nutzung der Rollstühle in uneingeschränkter Weise möglich. Gegenwärtig gebe es noch kein Einhängefahrrad, welches als Hilfsmittel anerkannt worden sei. Mit der von ihnen erzielten Geschwindigkeit werde nicht ein verlorengegangenes Gehvermögen ausgeglichen, sondern ein Ersatz für ein Fahrrad angestrebt. Dies gehe über die übliche Hilfsmittelversorgung hinaus. Gleichzeitig müssten erhebliche Bedenken aus Sicherheitsgründen geltend gemacht werden. Die bisher als Hilfsmittel anerkannten Rollstühle seien für eine Geschwindigkeit bis maximal 6 km/h ausgelegt. Dafür seien sie auch sicherheitstechnisch geprüft worden. Mit einem Fahrradantrieb würden jedoch Geschwindigkeiten von 20 km/h und mehr erreicht. Damit werde die Rollstuhlgeschwindigkeit bei weitem überschritten. Die Sicherheit sei nicht mehr gewährleistet. Ein Hersteller habe für sein Produkt zwar inzwischen ein "GS"-Zeichen erhalten, dies betreffe jedoch nur das Einhängefahrrad, nicht die Fahrrad-Rollstuhlkombination.

Mit Bescheid vom 22. April 1996 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme für ein Hand-Bike ab. Er habe von ihr zwei Rollstühle erhalten, die seine Behinderung ausglichen. Das beantragte Hand-Bike könne von ihr nicht gewährt werden, da es nicht im Leistungsrahmen der Krankenversicherung liege.

Dagegen legte der Kläger am 28. April 1996 Widerspruch ein. Die von der Beklagten erwähnten zwei Rollstühle glichen seine Behinderung nur teilweise aus. Einer dieser Rollstühle sei nur als Steh-Übungsgerät anzusehen. Durch das Fahren in die...

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