Entscheidungsstichwort (Thema)
Alg II. Zweckbestimmte Einnahmen. Zuschläge für Nachtarbeit. Sonn- und Feiertagszuschlag
Leitsatz (amtlich)
Zuschläge für Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagszuschläge sind gemäß § 3b Abs. 1 EStG (begrenzt) steuerlich privilegierte Aufwandsentschädigungen und daher zweckbestimmte Einnahmen im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II.
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Chemnitz vom 29.10.2009 - L 2 AS 99/08, das vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
SGB II § 11 Abs. 3 Nr. 1a; EStG § 3b Abs. 1
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 17.03.2008 (S 12 AS 453/07) betreffend den Bewilligungszeitraum von Mai bis Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen Aufhebungs-, Rückforderungs- und Änderungsbescheide der Beklagten bezüglich ihnen im Zeitraum vom Mai bis Oktober 2006 gewährter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und begehren die Berücksichtigung vom Kläger erzielter Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, soweit diese (begrenzt) steuerlich privilegierte Aufwandsentschädigungen im Sinne des § 3b Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) darstellen, als zweckbestimmte Einnahmen i.S.d. § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II.
Die Kläger, bei denen jeweils ein Diabetes mellitus Typ IIa diagnostiziert wurde, sind Ehegatten und wohnen in D. in einer ca. 60,59 qm großen Genossenschaftswohnung im 4. OG in der H. Str. in Dresden. Für die Wohnung, die mit Fernwärme beheizt wird, entrichteten sie seit Oktober 2004 eine monatliche Nutzungsgebühr von 272,18 EUR, eine Heizkostenvorauszahlung von 70,- EUR, eine Vorauszahlung für Wasser bzw. Entwässerung von 33,- EUR sowie sonstige allgemeine Betriebskosten von 29,- EUR, d.h. insgesamt 404,18 EUR. Zum 01.11.2005 wurde die Vorauszahlung für Heizung und Warmwasserbereitung auf monatlich 80,- EUR und die Vorauszahlung für die allgemeinen Betriebskosten auf monatlich 32,- EUR angehoben. Zum 01.12.2006 wurde die Vorauszahlung für Heizung und Warmwasserbereitung auf monatlich 97,- EUR und die Vorauszahlung für die allgemeinen Betriebskosten auf monatlich 44,- EUR angehoben.
Die 1947 geborene Klägerin zu 2. ist arbeitslos und bezog bis einschließlich 15.01.2005 von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 21,78 EUR, d.h. in der Zeit vom 01.01. bis 15.01.2005 in Höhe von insgesamt 326,70 EUR.
Der 1942 geborene Kläger zu 1. arbeitet seit Mai 2001 als Wachmann bei der S. W.- und Sch.. Für das Jahr 2005 berücksichtigte das Finanzamt D. III laut Einkommensteuerbescheid vom 18.07.2006 (Blatt 132 Verwaltungsakte) einen Bruttoarbeitslohn des Klägers zu 1. in Höhe von 10.896,- EUR (d.h. ohne die beschränkt steuerfreien Zuschläge) und setzte davon u.a. Mehraufwendungen für Verpflegung wegen Einsatzwechseltätigkeit in Höhe von 1.020,- EUR ab. Im Kalenderjahr 2005 war der Kläger zu 1. an 20 Tagen über 8 Stunden und an weiteren 75 Tagen über 14 Stunden aus beruflichen Gründen von seiner Wohnung abwesend. Er erzielt aus seiner Beschäftigung monatlich unterschiedlich hohes Einkommen; dieses betrug im Oktober 2004 brutto 1.027,02 EUR und netto 795,66 EUR. Sein Gehalt, das ihm jeweils Mitte des Folgemonats ausgezahlt wurde, beinhaltete stets steuerfreie Zuschläge für Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagszuschläge in monatlich unterschiedlicher Höhe. Wegen der jeweiligen Einkommensbeträge wird auf die von der S. W.- und Sch. am 24.05.2006 erstellte Einkommensübersicht, Blatt 91 Verwaltungsakte, Bezug genommen sowie wegen der vom Kläger zu 1. vorgelegten Verdienstbescheinigungen für März bis November 2006 auf Blatt 76, 102, 112, 114, 126, 134, 138, 141, 157, 227, 228 Verwaltungsakte und auf die Verdienstbescheinigungen für Dezember 2006 bis April 2007, Blatt 52 bis 61 der LSG-Akte - L 2 AS 101/08 -. Der Weg des Klägers zu 1. zu seiner Arbeitsstätte betrug je nach Ort des bewachten Objektes 5 bzw. 9 km. Die Kläger verfügen jeder über einen PKW, für den sie jeweils Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung entrichten.
Am 10.11.2004 beantragten die Kläger, die über kein über die Freibeträge hinausgehendes Vermögen verfügen, bei der Beklagten erstmalig die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Dem Antrag beigefügt war u.a. eine auf dem Zusatzblatt 2 zum Formularantrag am 24.11.2004 von der S. W.- und Sch. erstellte Bescheinigung des Arbeitsentgelts des Klägers zu 1. für den Monat Oktober 2004, auf der zugleich mitgeteilt wird, dass die Höhe seines Arbeitseinkommens schwankt. Wegen des Inhalts der Bescheinigung im Einzelnen wird auf Blatt 21 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Betreffend den Bewilligungszeitraum 01.01.2005 bis 30.04.2005 erließ die Beklagte folgende Bescheide:
Mit Bescheid vom 08.12.2004 bewilligte die Beklagte den Klägern unter Annahme eines g...