Verfahrensgang

SG Chemnitz (Urteil vom 13.04.1995; Aktenzeichen S 7 Kn 121/94)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. April 1995 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anrechnung einer Unfallrente auf eine Regelaltersrente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung.

Der am 05. Juni 1930 geborene Kläger war bei der früheren SDAG Wismut beschäftigt und unterlag der bergbaulichen Versicherung. Nach dem Rentenbescheid des FDGB-Kreisvorstandes (Verwaltung der Sozialversicherung) Annaberg vom 27. März 1980 erhielt er mit Wirkung zum 01. Juni 1980 eine Bergmannsvollrente, die im Jahre 1989 in eine Bergmannsaltersrente umgewandelt wurde. Darüber hinaus bezog der Kläger wegen eines im Jahre 1953 erlittenen Arbeitsunfalls seit Mai 1960 eine Unfallrente.

Nach Herstellung der Einheit Deutschlands erteilte die Beklagte dem Kläger unter dem 27. November 1991 einen Umwertungs- und Anpassungsbescheid aufgrund des seit 01. Januar 1992 geltenden neuen Rentenrechts. Danach leistete sie die bislang gezahlte Versichertenrente künftig als Regelaltersrente, sah allerdings von einer Umwertung und Anpassung mit der Begründung zunächst ab, die vom Träger der Unfallversicherung zu zahlende Verletztenrente sei nicht bekannt. Für den Kläger ergab sich zunächst ein monatlicher Zahlbetrag i.H.v. 1.433,04 DM.

Der Kläger ist an einer Berufskrankheit erkrankt. Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (Bg) erteilte ihm durch Bescheid vom 25. Mai 1992 eine Dauerrente wegen einer Berufskrankheit, und zwar wegen eines Lungenleidens im Sinne der Ziffer 92 der Liste der Berufskrankheiten vom 21. April 1981. Als Zeitpunkt des Versicherungsfalles stellte die Bg den 19. Juni 1990 fest.

Daraufhin erteilte die Beklagte dem Kläger unter dem 15. September 1993 einen weiteren Umwertungs- und Anpassungsbescheid, nach welchem sie die dem Kläger bislang gezahlte Versichertenrente mit Wirkung seit 01. Januar 1992 als Regelaltersrente mit einem monatlichen Zahlbetrag i.H.v. 1.748,52 DM leistete. Für den Zeitraum vom 01. Januar 1992 bis zum 31. Oktober 1993 ermittelte sie einen Nachzahlungsbetrag i.H.v. 1.216,14 DM. Den Widerspruch wies sie durch Bescheid vom 24. August 1994 unter Hinweis auf die Anrechnungsvorschrift des § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zurück.

Hiergegen hat sich die Klage gerichtet, auf die das Sozialgericht die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger seit 01. Januar 1992 Regelaltersrente ohne Anrechnung der wegen Berufskrankheit erteilten Unfallrente zu leisten. Die Beklagte habe die dem Kläger wegen der Berufskrankheit erteilte Unfallrente bei der Gewährung der Regelaltersrente nicht anrechnen dürfen. Eine Anrechnung verbiete sich im Hinblick auf § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI (Urteil vom 13. April 1995).

Gegen das der Beklagten am 25. April 1995 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Mai 1995 eingelegte Berufung.

Die Beklagte rügt die Anwendung des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI. Diese Vorschrift sei für den Bereich der knappschaftlichen Rentenversicherung nur für diejenigen Versicherungsfälle anzuwenden, die sich nach dem 31. Dezember 1991 ereignet hätten (Berufungsbegründung vom 22. Juni 1995).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. April 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI verbiete eine Anrechnung der Unfallrente bei der Gewährung der Regelaltersrente. Eine Anrechnung scheide bereits nach dem eigenen Vortrag der -Beklagten aus, weil als maßgebendes Datum für die Anrechnung der Unfallrente auf das des Bescheides vom 25. Mai 1992 abzustellen sei (Schriftsatz vom 08. August 1995).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Recht verurteilt, dem Kläger eine Regelaltersrente ohne Anrechnung der Unfallrente nach dem Bescheid der Bg vom 25. Mai 1992 zu erteilen. Der streitbefangene Bescheid ist rechtswidrig. Zu einer Anrechnung war die Beklagte nach § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI nicht befugt.

Der Senat hat wiederholt entschieden, daß § 93 Abs. 5 SGB VI im Bereich der knappschaftlichen Rentenversicherung nicht erst seit dem Inkrafttreten des neuen Rentenrechts zum 01. Januar 1992, sondern auch für die davor liegende Zeit anzuwenden ist (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 22. September 1994, L 4 Kn 12/94; Urteil vom 15. November 1995, L 1 Kn 17/94). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

Sowohl nach dem in § 300 Abs. 1 SGB VI ausgesprochenen Grundsatz, daß die Vorschriften dieses Gesetzbuches von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an...

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