Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschiebungsschutz. Anträge auf Zulassung der Berufung

 

Verfahrensgang

VG Chemnitz (Urteil vom 03.03.1997; Aktenzeichen A 7 K 31277/95)

 

Tenor

Die Anträge auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung des Prozeßbevollmächtigten der Beigeladenen für das Zulassungsverfahren werden abgelehnt.

Die Anträge der Beigeladenen, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 3. März 1997 – A 7 K 31277/95 – zuzulassen, werden abgelehnt.

Die Beigeladenen tragen die Kosten des Antragsverfahrens.

 

Gründe

Den Anträgen auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung des Prozeßbevollmächtigten der Beigeladenen für das Zulassungsverfahren kann nicht entsprochen werden, weil die Zulassungsanträge aus den nachstehend dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 ZPO).

Die Anträge können keinen Erfolg haben, denn die Beigeladenen haben Gründe für eine Zulassung der Berufung nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG entsprechend dargelegt.

Entgegen der Ansicht der Beigeladenen zeigt ihr Vorbringen keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG auf. Die in der Antragsschrift benannten Fragen, ob Kurden in der Türkei einer Gruppenverfolgung ausgesetzt sind, ob kurdischen Volkszugehörigen eine inländische Fluchtalternative im Westen der Türkei offensteht und ob ihnen bei Einreise in die Türkei wegen Stellung eines Asylantrags und Teilnahme an Demonstrationen politische Verfolgung droht, rechtfertigt die erstrebte Berufungszulassung nicht. Diese Fragen sind in der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts geklärt (SächsOVG, Urt. v. 27.2.1997, SächsVBl. 1997, 267). Der Senat ist in dieser Entscheidung nach Auswertung der aktuellen Erkenntnismittel zu dem Ergebnis gekommen, daß Kurden in keinem Landesteil der Türkei allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit einer unmittelbaren oder mittelbaren Verfolgung im Sinne einer Gruppenverfolgung unterliegen, und daß sie – jedenfalls – im Westen der Türkei hinreichend sicher vor asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen sind, die an ihre kurdische Volkszugehörigkeit anknüpfen. Kurden haben im Westen der Türkei grundsätzlich auch keine anderen Nachteile und Gefahren zu befürchten, die nach ihrer Intensität und Schwere einer politischen Verfolgung gleichkommen (inländische Fluchtalternative). Ihnen drohen bei Einreise in die Türkei, auch wenn sie einen Asylantrag gestellt und sich im Ausland exilpolitisch betätigt haben, grundsätzlich keine Maßnahmen, die die Gewährung von Abschiebungsschutz rechtfertigen könnten. Die weitere Frage, unter welchen Umständen der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten sein Klagerecht verwirkt, hat ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung. Ihre Beantwortung hängt immer von den Gegebenheiten des Einzelfalles ab, bedarf also im Hinblick auf andere Verfahren keiner berufungsgerichtlichen Klärung.

Der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe die Schriftsätze vom 23.5.1996, 16.9.1996 und 28.2.1997 nicht berücksichtigt und Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 30.5.1996 nicht zur Kenntnis genommen, vermag eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht zu begründen. Der Grundsatz rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägung einzubeziehen (BVerfG, Beschl. v. 1.2.1978, BVerfGE 47, 182, 187; BVerwG, Urt. v. 29.11.1985, NJW 1986, 1125 m.w.N.). Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß das Gericht dieser Verpflichtung nachgekommen ist (BVerfG, Beschl. v. 2.12.1969, BVerfGE 27, 248, 252). Ein Gericht ist aber nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, daß Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfG, Beschl. v. 4.7.1989, BVerfGE 80, 269, 286; OVG Hamburg, Beschl. v. 30.9.1992, AuAS 1993, 10, 12; Schenk, Asylrecht und Asylverfahrensrecht, 1. Aufl. 1993, Rdnr. 248 m.w.N.). Derartige besondere Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Im Tatbestand wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes u.a. auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30.5.1996 verwiesen. Daraus erhellt sich, daß das Gericht das Vorbringen der Beigeladenen zur Kenntnis genommen hat. Es hat ihr Vorbringen auch erwogen, denn es hat die Zulässigkeit der Klage und die Frage, ob die Beigeladenen ihr Heimatland vorverfolgt verlassen haben, umfassend geprüft. Es spricht daher nichts dafür, daß das Gericht die Einlassung der Beigeladenen nicht ernstlich erwogen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b Abs. 1 AsylVfG).

Mit der Ablehnung der Anträge wird das Urteil...

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