Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung des Planentwurfs. Angabe des Auslegungsortes. Normenklarheit. Planzeichnung. ergänzendes Verfahren. Gültigkeit eines Bebauungsplanes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB gehört zur ordnungsgemäßen Bekanntmachung des Auslegungsortes grundsätzlich die genaue Angabe des Dienstzimmers, in dem der Planentwurf ausgelegt wird. Das Auffinden des Planentwurfes muss möglich sein, ohne zuvor Fragen oder Ersuchen an die Dienstkräfte des Planungsträgers stellen zu müssen.

2. Ein Bebauungsplan verstößt gegen den Grundsatz der Normenklarheit, wenn als Planunterlage eine Karte verwendet wird, die nicht maßstabsgetreu ist.

3. Ein ergänzendes Verfahren nach § 215 a BauGB kommt nur dann in Betracht, wenn das ursprüngliche Verfahren und sein Ergebnis wenigstens teilweise noch verwertbar ist. Dagegen dürfen nicht nahezu alle Verfahrensschritte in einer Weise durchgeführt werden müssen, wie dies bei einem erstmaligen Aufstellungsverfahren erforderlich wäre.

 

Normenkette

BauGB § 3 Abs. 2 S. 2, § 215a; Planzeichenverordnung § 1; VwGO § 47

 

Tenor

Der Bebauungsplan … der Antragsgegnerin wird für nichtig erklärt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich mit dem vorliegenden Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan … er Antragsgegnerin. Sie ist Eigentümerin der ca. 1.550 qm großen Flurstücke Nr. … und … der Gemarkung … die im Geltungsbereich des Bebauungsplanes liegen. Das Flurstück … ist mit einem Haus bebaut, das über eine Grundfläche von etwa 11 × 14 Metern mit einem Vollgeschoss und einem ausgebauten Dachgeschoss oder zwei Vollgeschossen ohne die Möglichkeit eines (weiteren) Dachgeschossausbaus verfügt. Die Geschossflächenzahl, die in der Bauakte nicht ausgewiesen ist, dürfte – wenn man zuungunsten der Antragstellerin von zwei Vollgeschossen ausgeht – allenfalls bei 0,2 liegen. Das Flurstück … ist unbebaut.

Außer dem Flurstück … waren die Flurstücke … und … bereits vor Inkrafttreten des streitigen Bebauungsplanes bebaut. Diese Grundstücke sind zwischen ca. 500 und ca. 800 qm groß und mit Ein- oder Zweifamilienhäusern bebaut, die nach den z.T. nur wenig aussagekräftigen Bauakten entweder über zwei Vollgeschosse oder ein Vollgeschoss mit ausgebauten Dachgeschoss – jedenfalls nur zwei genutzte Ebenen – verfügen; ein weiterer Dachgeschossausbau ist nicht möglich. Die erreichten Grundflächen liegen zwischen ca. 76 und ca. 135 qm, die Geschossflächenzahlen bewegen sich etwa zwischen 0,15 und 0,48. Die unbebauten Grundstücke haben im Wesentlichen eine Größe von um die 750 qm mit Ausnahme der Flurstücke der Antragstellerin und des Flurstücks … mit einer Größe von je um die 1.500 qm.

Für die bereits vorhandene Bebauung waren Baugenehmigungen auf der Grundlage von § 33 BauGB erteilt worden. Der ursprüngliche Entwurf eines Bebauungsplanes aus dem Jahre 1992 sah bei einer im Bereich der heutigen Flurstücke … bis … anderen, nämlich kleinteiligeren Parzellierung ein allgemeines Wohngebiet mit einer Grundflächenzahl von 0,4 und einer Geschossflächenzahl von 0,8 bei zwingender Festsetzung von zwei Vollgeschossen vor. Die Bauherren – darunter der Ehemann der Antragstellerin für das Flurstück … – erkannten jeweils gem. § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB die Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfs für sich und ihre Rechtsnachfolger als verbindlich an. In der Folgezeit wurden auf Wunsch einzelner Bauwilliger – darunter die Antragstellerin bzw. deren Ehemann – im südöstlichen Teil des Entwurfsgebietes größere Parzellen gebildet.

Nachdem bis etwa Mitte 1994 auf der Grundlage des Planentwurfes 1992 die oben beschriebenen Baugenehmigungen erteilt worden waren, teilte das Regierungspräsidium Leipzig unter dem 3.8.1994 mit, dass weitere Genehmigungen nach § 33 BauGB nicht mehr erteilt werden könnten. Es fehle an der materiellen Planreife, wenn eine Gemeinde nicht die Absicht habe, einen Bebauungsplan endgültig als Satzung zu beschließen und genehmigen zu lassen.

Daraufhin fasste der Rat der Antragsgegnerin unter dem 22.1.1996 einen erneuten Aufstellungsbeschluss, dem ein Planentwurf mit einer geänderten Parzellenstruktur zugrunde lag. Festgesetzt werden sollte ein allgemeines Wohngebiet in offener Bauweise mit Einzelhäusern. Die GRZ sollte 0,4, die GFZ 0,8 und die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse zwei betragen.

Bereits in der diesem Aufstellungsbeschluss vorangegangenen Bürgerfragestunde plädierte der Ehemann der Antragstellerin dafür, die begonnene Bebauung so fortzusetzen wie ursprünglich geplant. Es seien bereits neun Eigenheime bezogen, die nur über ein Vollgeschoss und ein ausgebautes Dachgeschoss verfügten. Mit der Möglichkeit einer zweigeschossigen Bebauung werde der ursprüngliche Charakter des Wohngebietes verändert und der ländliche Charakter beeinträchtigt.

Gleichzeitig mit dem Aufstellungsbeschluss beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die öffentliche Auslegung und die Beteiligung der Träger öffentlicher Belang...

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