Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Kraft Vereinbarung gestatteter Ausbau von Dachgeschosseinheiten in einem Altbau
Anteilige Erstattungspflicht aller Eigentümer für Zusatzkosten sanierungsnotwendigen Gemeinschaftseigentums im Zuge des Ausbaues (hier: Hausschwammbefall des Drempel-Mauerwerkes)
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 21 WEG, § 22 WEG, § 257 BGB, § 670 BGB, § 683 BGB, § 812 BGB
Kommentar
1. Darf ein Wohnungseigentümer in Ausübung eines vereinbarten Ausbaurechts seine Dachgeschosseinheit als Wohnung ausbauen, ist eine zusätzliche Hausschwammbeseitigung am Drempel und Dachstuhl notwendige Folge einer Geschäftsbesorgung, für deren Kosten die Miteigentümer anteilig in Anspruch genommen werden können.
2. In einem ca. vor 100 Jahren errichteten Gebäude fand Aufteilung durch Teilungserklärung von 1985 statt. Hinsichtlich zweier Dachgeschosseinheiten bestimmte die Gemeinschaftsordnung (u.a.):
"Die Eigentümer der Dachgeschosseinheiten sind berechtigt, im Dachgeschoss alle erforderlichen Baumaßnahmen zur Realisierung der genehmigten Baupläne durchzuführen, auch soweit dadurch Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Sie haben alle entstehenden und entstandenen Kosten zu tragen. Dem Verwalter sind vor Inangriffnahme der Baumaßnahmen die genehmigten Baupläne vorzulegen."
Zwei Antragsteller kauften 1991 die Dachgeschosseinheiten und begannen anschließend zügig über beauftragtes Architekturbüro mit der Durchführung des Bauvorhabens. Während der Arbeiten zeigte sich, dass die straßenseitige Außenmauer im Bereich des Drempel-Mauerwerkes von Hausschwamm befallen war, der sich auch auf die im Dachstuhl vorhanden gewesene Fachwerkkonstruktion erstreckte, die wiederum den gesamten Dachstuhl trug. Diese Teile des Gemeinschaftseigentums zu ersetzen bzw. zu sanieren, forderten dann die beiden antragstellenden Eigentümer von der Verwaltung. Diese, der Beirat und später auch die Gemeinschaft lehnten jedoch Kostenbeteiligung an diesen zusätzlichen Sanierungsmaßnahmen ab.
Während das AG Zahlungsanträge mit dem Argument abgewiesen hatte, der erforderliche Beweis für die Notwendigkeit der Erneuerung des Drempel-Mauerwerkes wie des Umfanges der notwendigen Kosten könne nicht geführt werden, änderten die Antragsteller nach Hinweis des Gerichts zweiter Instanz ihren Zahlungsantrag und nahmen die restlichen Eigentümer als Antragsgegner entsprechend dem auf die jeweilige Wohnung entfallenden Miteigentumsanteil in Anspruch; das LG verpflichtete die Antragsgegner entsprechend anteilig zur Zahlung. Die landgerichtliche Entscheidung wurde vom Senat des KG bestätigt.
3. Es kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführung gem. § 21 Abs. 2 WEG erfüllt sind oder ob ein solcher Anspruch mangels eines unmittelbar drohenden Schadens für das Gemeinschaftseigentum scheitert, da nach h.M. die Regelung des § 21 Abs. 2 WEG Ansprüche eines Eigentümers gegen die Miteigentümer aus Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht ausschließt (vgl. auch BayObLG, WE 96, 152). Ansprüche sind demnach jedenfalls aus den §§ 683 Satz 1, 670 BGB herzuleiten.
Nach Auffassung des Senats kommt auch direkte Anwendung des § 670 BGB über Auftragsrecht in Betracht. Die beiden Eigentümer waren in richtiger Auslegung der Vereinbarung auch zu baulichen Veränderungen ermächtigt. Ähnlich wie die Zustimmung zu einer baulichen Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 BGB lag damit auch hier die Zustimmung der berechtigten Eigentümergemeinschaft zur Verfügung eines nicht Berechtigten i.S.d. § 185 BGB vor. Bei Ausübung des Ausbaurechts entstanden für die Dachgeschosseigentümer besondere Rechtsverhältnisse zur Gemeinschaft, für deren nähere Ausgestaltung das Auftragsrecht den geeigneten Ansatzpunkt bildet. Soweit die antragstellenden Eigentümer berechtigt waren, beim Dachgeschossausbau in das Gemeinschaftseigentum einzugreifen, handelten sie nicht nur im eigenen Interesse, sondern notwendig auch im Interesse der Eigentümergemeinschaft und mussten deren Belange mitbedenken; sie hatten damit in Bezug auf Rücksichtnahme und Information in etwa die Pflichten eines Beauftragten. In zulässiger Abbedingung des § 670 BGB hatten sie allerdings die normalen Kosten des Ausbaues ihrer Einheiten selbst zu tragen, da das zu erstellende Sondereigentum ihnen zufiel.
Somit war die Regelung in der Gemeinschaftsordnung, dass die Dachgeschoss-Eigentümer alle bei dem Ausbau entstehenden und entstandenen Kosten zu tragen haben, zu Recht dahin auszulegen, dass sich die Kostenübernahme nicht auf zusätzliche Bauarbeiten bezog, die sich daraus ergaben, dass weitere Bausubstanz schadhaft war und ohnehin auf Gemeinschaftskosten hätte instandgesetzt werden müssen. Derartige Zusatzkosten zählen zu den Aufwendungen des § 670 BGB, die sich als notwendige Folge der Geschäftsführung ergeben. Der Eigentümergemeinschaft wären bei ohnehin erforderlicher Sanierung mit Sicherheit höhere Kosten entstanden, wären die Arbeiten nicht durch die beiden Eigentümer bereits im Zuge ihres Dachausbaues erledigt w...