Leitsatz

Sanierungspflicht aller Eigentümer hinsichtlich der konstruktiven Bauteile im Bereich eines Tiefgaragen-Teileigentums (Auslegung der Gemeinschaftsordnung zu einer Trennungsvereinbarung)

 

Normenkette

§§ 10, 16, 21 WEG

 

Kommentar

  1. Wenn in der Gemeinschaftsordnung vereinbart ist, dass "die Kosten für die Instandhaltung und den Betrieb eines Tiefgaragen-Sondereigentums uneingeschränkt anteilsmäßig den Eigentümern der Garagenabstellplätze obliegen" (im Fall eines selbstständigen Sondereigentums der Tiefgarage mit dort befindlichen 20 Kfz-Stellplätzen), ist nach Auslegung einer solchen Vereinbarung davon auszugehen, dass hiervon nicht Teile des Gebäudes betroffen sind, die für den Bestand und die Standsicherheit des gesamten Hauses im Sinne des § 5 Abs. 2 WEG erforderlich sind. Eine solche Vereinbarung bezieht sich in entsprechender Auslegung nach Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der (Grundbuch)Erklärung ergibt, allein auf das Sondereigentum; hierzu gehören nicht die tragenden, den Raum abschließenden Bauteile (um die es hinsichtlich der Sanierung im vorliegenden Fall zu Abdichtungsarbeiten vor allem im Anschlussbereich der Tiefgaragendecke zum aufgehenden Wohngebäude ging, daneben auch noch um Schadensbeseitigungsmaßnahmen bei den tragenden Stützen sowie den Bodenflächen).
  2. Mit der hier vereinbarten Kostentrennungsvereinbarung wurde also nicht eine gesonderte Kostentragungspflicht für Bauteile, die zwingend Gemeinschaftseigentum sind, begründet; dies hätte einer deutlicheren Formulierung bedurft. Gerade der Umstand, dass die Vereinbarungspassage mit "Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums" überschrieben war und dann in einem Folgeabsatz ergänzt wurde, dass "die Kosten für die Instandhaltung und den Betrieb der Tiefgarage uneingeschränkt anteilmäßig den Eigentümern der Garagenabstellplätze obliegen", spricht dafür, dass nur die laufenden Instandhaltungskosten von den einzelnen Tiefgaragen-Bruchteilseigentümern zu tragen seien.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 17.01.2005, 2Z BR 200/04)

Anmerkung

Die Entscheidung beweist erneut, wie schwierig es sein kann, korrekte Kostenverteilungen vorzunehmen, wenn Gemeinschaftsordnungsvereinbarungen nicht deutlich genug formuliert wurden und dann im Streitfall richterlicher Auslegung bedürfen. Die Begründung der Senatsentscheidung erscheint mir absolut korrekt, zumal hier auch definitorisch zu Recht zwischen "Instandhaltung" und "Instandsetzung" unterschieden sowie den sachenrechtlichen Bestandteilen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum klar abgegrenzt wurde. Insbesondere bei Tiefgaragen, die nicht als separater Bautrakt erstellt, sondern mit einem Wohnhaus überbaut wurden, lassen sich in vielen Gewerksteilen technische Überschneidungen zwischen TG und Wohnhaus erkennen; muss gerade dort saniert werden, ist zu Recht im Zweifel von zwingendem Gemeinschaftseigentum und anteiliger Belastung aller Eigentümer im Sanierungsfall auszugehen. Bisher mir bekannt gewordene Formulierungen in Gemeinschaftsordnungsvereinbarungen tragen allerdings häufig den Wünschen klarer Abgrenzungen nicht Rechnung, sodass dann im Zweifel stets von Gemeinschaftseigentum mit anteiliger Kostenbelastung aller Eigentümer in Instandsetzungsfällen auszugehen sein dürfte.

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