Rz. 12
Abs. 2 vermeidet Beziehungsstörungen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft und unter Verwandten. Die Jobcenter sollen im Grundsatz nur nicht laufend erfüllte zivilrechtliche Unterhaltsansprüche verfolgen, wenn eine erhöhte Unterhaltsverpflichtung besteht oder es sich um Unterhaltspflichten des ehemaligen Partners außerhalb der Bedarfsgemeinschaft handelt. Das BGB regelt den Unterhalt von Ehegatten, bei Getrenntleben und Scheidung (§§ 1360 ff., 1569 ff.), den Unterhalt des Lebenspartners, bei Getrenntleben und bei Aufhebung der Partnerschaft (§§ 5, 12, 16 LPartG) sowie den Verwandtenunterhalt und Unterhaltsansprüche der Eltern eines nichtehelichen Kindes (§§ 1601, 1615l BGB). Entscheidend ist die Beziehung des Hilfebedürftigen und des Unterhaltsverpflichteten zueinander. Abs. 2 Nr. 1 schließt den Übergang von Unterhaltsansprüchen aus, wenn der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhaltsverpflichteten in einer Bedarfsgemeinschaft lebt. Das ist nach § 7 Abs. 3 zu bestimmen. Die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen richtet sich nach den §§ 9, 11 ff., 12, 13; die Berücksichtigung von Ansprüchen ist nicht vorgesehen. Auf § 11b Abs. 1 Nr. 7 ist besonders hinzuweisen.
Rz. 12a
Ein Anspruch auf Elternunterhalt kann durch Kontaktabbruch des berechtigten Elternteils verwirkt werden. Der Kontaktabbruch stellt regelmäßig eine Verfehlung dar, jedoch nur ausnahmsweise eine Verwirkung, wenn weitere Umstände vorliegen, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten als schwere Verfehlung erscheinen lassen (§ 1611 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 BGB; BGH, Beschluss v. 12.2.2014, XII ZB 607/12). Bei vorsätzlichem Verhalten kann eine Inanspruchnahme des verpflichteten Kindes grob unbillig sein. Eine schwere Verfehlung kann sich auch aus einer Gesamtschau des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten ergeben, etwa, wenn sich der Unterhaltsberechtigte in besonders vorzuwerfender Weise aus der familiären Solidarität gelöst hat.
Rz. 12b
Der Wohnvorteil eines Unterhaltspflichtigen ist auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt dem Einkommen hinzuzurechnen und nicht lediglich im Rahmen der vom Selbstbehalt umfassten Wohnkosten zu berücksichtigen (BGH, Beschluss v. 5.2.2014, XII ZB 25/13).
Rz. 13
Abs. 2 Nr. 2 schließt den Übergang von Unterhaltsansprüchen gegen Verwandte aus, wenn der Unterhaltsberechtigte die Ansprüche nicht geltend macht. Das gilt nicht für Unterhaltsansprüche gegen Eltern, wenn eine erhöhte Unterhaltsverpflichtung besteht, weil der Unterhaltsberechtigte minderjährig (unter 18 Jahre) oder mindestens 18, aber jünger als 25 Jahre ist und eine Erstausbildung noch nicht abgeschlossen hat. Die Grundsicherungsstelle darf den Leistungsempfänger über seine Unterhaltsansprüche informieren und ihn beraten. Besteht keine erhöhte Unterhaltsverpflichtung nach Nr. 2 Buchst. a und b, darf er jedoch nicht auf eine Geltendmachung des Anspruches hinwirken. Ist nämlich der Anspruch nicht übergegangen, kann die Grundsicherungsstelle ihn auch nicht treuhänderisch rückübertragen (vgl. Abs. 4). Minderjährige Kinder werden von Elternteilen, die Alg II beziehen, in aller Regel keinen Unterhalt mehr erhalten, weil deren unterhaltsrechtlicher Eigenbedarf durch das Alg II nicht gedeckt wird. Die Kinder erhalten dann Unterhaltsvorschüsse von den Jugendämtern. Durch die Möglichkeit der Rückübertragung nach Abs. 4 bleiben die Interessen der Jugendämter gewahrt. Allerdings dürfen von einem Bezieher von Alg II auch dann keine Unterhaltszahlungen verlangt werden, wenn dieser erwerbstätig ist und nur aufstockend Alg II bezieht. Auch der Erwerbstätigenfreibetrag verbleibt dem Leistungsberechtigten. Dessen Ziel ist es, die Arbeitstätigkeit durch eine Vergünstigung zu fördern und damit die öffentlichen Kassen durch Erzielung eigenen Einkommens zu entlasten. Daher kann das Alg II nicht in Höhe des Freibetrages für Unterhaltsverpflichtungen abgezweigt werden (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 21.1.2016, L 6 AS 1200/13).
Rz. 14
Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) unterscheidet die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung. Die Berufsausbildungsvorbereitung dient dem Ziel, an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf oder eine gleichwertige Berufsausbildung heranzuführen. Die Berufsausbildung hat eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen (vgl. § 1 BBiG). Die relevante Erstausbildung hängt auch von der Eignung des Kindes für den ausgewählten Beruf ab. Jedenfalls sind volljährige Kinder berechtigt, ihre Berufswahlentscheidung allein zu treffen. Berufliche Fortbildung und berufliche Umschulung sind keine berufliche Erstausbildung i. S. v. Nr. 2 Buchst. b, es sei denn, es wird erstmalig ein der Ausbildung entsprechender Abschluss erreicht. Ein...