Rz. 28
Abs. 5 räumt Ansprüchen gegen Arbeitgeber und Schadenersatzpflichtigen nach den §§ 115, 116 SGB X Vorrang ein. Diese sind vorrangig zu verfolgen, schließen aber letztlich einen Anspruchsübergang nach § 33 im Nachrangwege nicht aus (vgl. LSG Hessen, Urteil v. 14.3.2014, L 9 AS 90/11). Es besteht ein Anwendungsvorrang, aber kein Ausschließungsvorrang. In der Grundsicherung sind Fälle bekannt geworden, in denen Grundsicherungsstellen deshalb Leistungen zum Lebensunterhalt erbringen mussten, weil der erwerbsfähige erwerbstätige Leistungsberechtigte von seinem Arbeitgeber nur einen Lohn weit unterhalb der tariflichen oder ortsüblichen Vergütung erhalten hatte. Die Grundsicherungsstellen stufen diese Löhne ggf. als sittenwidrig sein (vgl. dazu die Komm. zu § 10) und verklagen die Arbeitgeber – mit Erfolg. Zur Problematik der sittenwidrigen Löhne und der Durchsetzung von branchenspezifischen Mindestlöhnen vgl. auch BT-Drs. 17/3013. Maßstab für eine sittenwidrige Arbeitsvergütung ist nicht der gesetzliche Mindestlohn, sondern die übliche Vergütung. Ist der Wert der Arbeitsleistung mindestens doppelt so hoch wie der Wert der Vergütung, lässt dies den tatsächlichen Schluss auf die verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zu (BAG, Urteil v. 18.11.2015, 5 AZR 814/14). Zur Problematik im Zusammenhang mit der Tarifunfähigkeit der CGZP vgl. BAG, Beschluss v. 14.12.2010, 1 ABR 19/10 und v. 23.5.2012, 1 AZB 58/11 (zuvor schon SG Duisburg, Beschluss v. 18.1.2012, S 21 R 1564/11 ER, und LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 17.4.2012, 5 Sa 194/11; ArbG Stralsund, Urteil v. 26.1.2010, 4 CA 166/09). Im Übrigen vgl. die Literaturhinweise unter Rz. 30.
Rz. 28a
Einen Stundenlohn von 3,40 EUR (noch vor Inkrafttreten des MiLoG) ist als Hungerlohn sittenwidrig (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 20.4.2016, 15 Sa 2258/15). Selbst bei unterstellter Vollzeittätigkeit stellt ein solcher Lohn einen Lohn dar, von dem man nicht leben kann. Die Vereinbarung von Hungerlöhnen ist sittenwidrig und damit unwirksam (§ 138 Abs. 1 BGB). Für das Jahr 2014 ergab sich ausgehend von Feststellungen des Statistischen Landesamtes ein maßgebender Stundenlohn im entschiedenen Verfahren von 9,74 EUR in 2014. Zur Sittenwidrigkeit eines Stundenlohns von 3,88 EUR bei einem Haushalts-Mini-Job beim Wohnungseigentümer vgl. SG Frankfurt am Main, Beschluss v. 13.6.2014, S 32 AS 620/14 ER. Die üblicherweise gezahlte Vergütung darf das Jobcenter auch aus den Erkenntnissen eigener Arbeitsvermittlungen als Durchschnittswert ermitteln (AG Eberswalde, Urteil v. 10.9.2013, 2 Ca 428/13). Stundenlöhne zwischen 1,59 EUR und 3,46 EUR im Hotel- und Gaststättengewerbe sind demnach Lohnwucher.
Rz. 29
Im Übrigen gehen alle Ansprüche gegen Leistungsträger i. S. d. § 12 SGB I der Regelung des § 33 vor, gesetzliche Anspruchsübergänge sind nach § 33 ausgeschlossen.