2.2.1 Verpflichteter Personenkreis und Zielsetzung
Rz. 10
Die Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsuchendmeldung bei der Agentur für Arbeit betrifft alle Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet. Die Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird oder eine Fortsetzung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird (Abs. 1 Satz 4). Damit besteht die persönliche Meldepflicht zunächst unabhängig davon, was aus der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses folgt. Auch die Vorstellungen des Auszubildenden oder des Arbeitnehmers hierüber spielen keine Rolle. Personen ohne Bezug zur Arbeitslosenversicherung wie Selbstständige oder Beamte unterliegen der Verpflichtung nach Abs. 1 nicht, selbst wenn noch ein Restanspruch auf Alg bestehen sollte; insoweit ist die Tätigkeit als Selbstständiger oder Beamter entscheidend.
Rz. 11
Auszubildende, die in einem betrieblichen Berufsausbildungsverhältnis stehen, unterliegen nicht der Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung (Abs. 1 Satz 5). Das bedeutet umgekehrt, dass alle anderen Ausbildungsverhältnisse, insbesondere die außerbetrieblichen Berufsausbildungsverhältnisse, von Abs. 1 erfasst werden. Meldepflichtig sind auch Referendare, die zwar als Rechtsreferendare eine betriebliche Ausbildung absolvieren, aber bei denen eine Übernahme von vornherein gar nicht vorgesehen ist. Das Bay. LSG hat diese Frage aber in einem Einzelfall offen gelassen (vgl. Bay. LSG, Urteil v. 27.1.2015, L 10 AL 382/13).
Rz. 12
Weitere Personenkreise sind nicht von der Pflicht zur persönlichen Arbeitsuchendmeldung freigestellt. Die Verpflichtung betrifft deshalb z. B. auch Heimarbeiter oder Grenzgänger. Aus sachlichen Gründen kann jedoch von der Meldepflicht abgesehen werden, etwa, wenn bereits eine Anschlussausbildung oder Anschlussbeschäftigung feststeht, ein anderer Sachverhalt erfüllt wird, durch den die Ausbildung oder Beschäftigung lediglich unterbrochen wird wie z. B. eine Elternzeit, oder durch den eine Anschlussausbildung oder Anschlussbeschäftigung durch Vermittlung der Agentur für Arbeit nicht in Betracht kommt und deshalb eine Meldung zur Arbeitsuche jedenfalls aktuell keinen Sinn ergibt, etwa bei Bezug einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung oder die Ableistung eines Dienstes (Bundesfreiwilligendienst, Jugenddienste). Verfügt der Betroffene über keine verbindliche Zusage für ein nahtloses Anschlussbeschäftigungsverhältnis, kann dies auch nicht abhängig von weiteren konkreten Umständen des Einzelfalls ggf. zur Unzumutbarkeit einer Arbeitsuchendmeldung führen (BSG, Urteil v. 13.3.2018, B 11 AL 12/17 R). Die Meldepflicht entfällt nicht dadurch, dass ein konkretes Folgearbeitsverhältnis in Aussicht steht, es sei denn, dies ist bereits vor Eintritt der Meldepflicht verbindlich vereinbart. Dann sollte es auf unmittelbaren Anschluss nicht mehr unbedingt ankommen. Diese Auffassung deckt sich mit Abs. 1 Satz 4, der die Meldepflicht auch für Fälle betont, in denen der Arbeitgeber selbst eine Fortsetzung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses in Aussicht stellt (oder den Fortbestand in einem gerichtlichen Verfahren zu erreichen sucht).
Rz. 13
§ 428 ist für die Verwaltungspraxis nicht mehr relevant, daher kommt es nicht mehr darauf an, dass Personen unter dieser Voraussetzung nicht der Meldepflicht unterliegen.
Rz. 14
Auch bei vermeintlich angesichts Alters oder Schwerbehinderung offensichtlich aussichtslosen Vermittlungsbemühungen besteht die Pflicht zur Arbeitsuchendmeldung uneingeschränkt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 25.9.2014, L 9 AL 236/13). Die Auffassung, dass die Vorschriften so auszulegen sind, dass bei offensichtlich aussichtslosen Vermittlungsbemühungen, von denen bei einem schwerbehinderten Versicherten kurz vor Beendigung des 63. Lebensjahres auszugehen ist, ein Schaden ausgelöst durch die verspätete Arbeitsuchendmeldung unter jedem erdenklichen Gesichtspunkt ausscheide und deshalb eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung nicht zu rechtfertigen sei, ist demnach mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen. Was der Gesetzgeber als versicherungswidriges Verhalten ansieht, wird durch die Sperrzeittatbestände (abschließend) geregelt. Dem Wortlaut nach finden sich weder in § 38 noch in § 159 Anhaltspunkte dafür, dass die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung bzw. die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen für eine Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung in irgendeiner Form vom Alter oder Gesundheitszustand des Betroffenen abhängig sein sollen. Die Möglichkeit der erleichterten Inanspruchnahme von Alg unter Verzicht auf das Erfordernis der Arbeitsbereitschaft für ältere Arbeitnehmer nach den Voraussetzungen des § 428 galt befristet nur für Fälle, in denen der Alg-Anspruch vor dem 1.1.2008 entstanden ist, was demnach zeigt, dass der Gesetzgeber zwischenzeitlich nicht mehr typisierend von einer faktischen Unvermittelbarkeit älterer Arbeitnehm...