Rz. 18
Abs. 4 erlaubt, den Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt weitere Aufgaben zu übertragen. Dabei ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die Beauftragten zugleich die Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten wahrnehmen. Die gesetzliche Regelung ist konfliktträchtig, sie stellt richtigerweise auf die tatsächliche Belastung der Beauftragten mit Aufgaben nach § 385 ab. Die Regelung betrifft nicht die Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt in der Zentrale und den Regionaldirektionen der Bundesagentur für Arbeit. Im öffentlichen Dienst sind die personellen Ressourcen allerdings durchgehend knapp, sie unterliegen wie die Leistungserbringung ebenfalls dem Gebot von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Daher ist die Regelung unter Berücksichtigung objektiver persönlicher Inanspruchnahme zu begrüßen; sie darf allerdings kein Spiegelbild der Wertschätzung des Gender Mainstreaming sein. Gemeinsame Themen der Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt und der Gleichstellungsbeauftragten sind z. B.
- die Vereinbarung von Familie und Beruf,
- die gemeinsame Netzwerkarbeit,
- die Unterstützung von repräsentativer Frauenpräsenz, etwa in Führungspositionen von Verwaltung und Wirtschaft,
- Diversity.
Trotz der unterschiedlichen Ziele des Diversity-Management und des Gender Mainstreaming können beide insbesondere bei der Steigerung der Erwerbsbeteiligung und des Arbeitsvolumens von Frauen miteinander verknüpft werden.
Unmittelbare Folge des Abs. 4 Satz 1 ist jedenfalls, dass die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit und die Regionaldirektionen in ihrer Organisationshoheit insoweit eingeschränkt sind, als in diesen Dienststellen die Übertragung zusätzlicher Aufgaben nicht gestattet ist. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Beauftragten in diesen Dienststellen in jedem Fall in vollem Umfang ausgelastet sind.
Rz. 19
Anhaltspunkte für den Aufgabenumfang können nicht die arbeitsmarktrelevanten Daten und die internen Prozesse in der Bundesagentur für Arbeit im Zusammenhang mit Führung und Steuerung sein, diese sind überall vergleichbar. Jedoch werden sich Unterschiede bei der internen und externen Information und Beratung ergeben, denn dabei spielt die Größe der Dienststelle in zweierlei Weise eine wesentliche Rolle: zum einen der Umfang der internen Mitarbeiterschaft, zum anderen die Anzahl der externen Partner, insbesondere Arbeitgeber und arbeitsmarktpolitische Akteure.
Rz. 20
Abs. 4 Satz 2 weist dem Verwaltungsausschuss die Entscheidung in Konfliktfällen zu. Ein Konfliktfall liegt vor, wenn der Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführung der Agentur für Arbeit der Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt weitere Aufgaben zuweist, diese aber darauf verweist, dass ihr als kausale Folge der Zuweisung die Wahrnehmung ihrer Beauftragtenaufgaben nicht mehr vollständig oder in angemessener Qualität nach den Weisungen der vorgesetzten Dienststellen möglich ist. Im Verwaltungsausschuss sitzen die am örtlichen Arbeitsmarktgeschehen unmittelbar beteiligten Personen. Ihnen kann eine objektive Einschätzung durchaus zugetraut werden. Daher ist die Regelung als durchdacht und klug zu bewerten.
Rz. 21
Ob eine Aufgabenzuweisung auch als Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt nach § 18e SGB II in Betracht kommt, ist nach den Gegebenheiten vor Ort zu beurteilen. Die Aufgaben im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erscheinen dafür grundsätzlich zu umfassend. Doch gibt es auch zahlreiche Überschneidungen im Aufgabenkatalog und Synergiemöglichkeiten bei gemeinsamer Aufgabenwahrnehmung. Allerdings muss dafür die Trägerversammlung der gemeinsamen Einrichtung nach § 44b damit einverstanden sein, dass gleichzeitig auch die Aufgabe nach § 385 ausgeübt wird. Es dürfte dagegen kein größeres Problem darstellen, die Beauftragte nach dem SGB III in entsprechend ergänzendem Umfang auch der gemeinsamen Einrichtung zuzuweisen. § 44b Abs. 4 lässt grundsätzlich zu, dass Aufgaben nach dem SGB II von einem Träger wahrgenommen werden (nicht aber umgekehrt die gemeinsame Einrichtung Aufgaben, die nicht dem SGB II zuzurechnen sind). Kritisch ist zu sehen, dass die Beauftragte zugleich Dienerin zweier Herren wäre. Deshalb ist eine solche Lösung trotz großer Übereinstimmung in den Tätigkeitsfeldern der Beauftragten im Ergebnis abzulehnen.