Arbeitgeberattraktivität: Was erwarten künftige Fachkräfte?

Die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen hängt entscheidend von den Mitarbeitenden ab. Eine attraktive Arbeitgebermarke ist wichtig. Studierende erzählen, wie sie sich ihren künftigen Job vorstellen und worauf sie bei der Auswahl achten.

Das Chaos und die Warteschlangen an deutschen Flughäfen führen die Auswirkungen des Fachkräftemangels plastisch vor Augen. Das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) wies bereits für das Jahr 2021 einen Anstieg der Fachkräftelücke um rund 213.000 auf etwa 465.000 Arbeitskräfte aus.

Als altes Problem in neuer, verschärfender Konstellation beschreibt der aktuelle "Human Resources Monitor – Immobilienwirtschaft 2022" des Europäischen Bildungszentrums der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (EBZ) die Situation. Mehr als die Häfte (55 Prozent) der befragten Unternehmen nennen gegenwärtig den Fachkräftemangel als Investitionshemmnis. Aktives Personalmanagement und Recruiting wird damit zum Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit der Branche.

Wichtige Merkmale eines attraktiven Arbeitgebers fokussieren sich laut einer Studie "Employer Branding in der Immobilienbranche" von European Real Estate Brand Institute, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und DZ HYP auf eher klassische Kriterien wie:

  • Herausfordernde und abwechslungsreiche Tätigkeiten
  • Karriereperspektiven und Aufstiegschancen
  • Jobsicherheit
  • Gehalt

Nachhaltigkeit ist wichtig, Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit sind wichtiger

Soziale oder ökologische Nachhaltigkeit des Arbeitgebers sind den Befragten wichtig, aber keine zentralen Parameter (siehe aber Kriterien wie "Diversity, Chancengleichheit und Antidiskriminierung" sowie "Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit"). Sie spielen für potenzielle Arbeitnehmerinnen eine größere Rolle als für männliche Befragte. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Fachmagazins "Immobilienwirtschaft", hat die Redaktion einige Studierende aus verschiedenen Einrichtungen ebenfalls befragt, was sie als Fachkräfte von morgen von ihren Arbeitgebern erwarten.

Was ist Ihnen bei Ihrem (zukünftigen) Arbeitgeber besonders wichtig? Was wollen Sie in Zukunft im Job erreichen und bewegen?

Timon Ivens (B.Sc. Immobilienwirtschaft, HfWU Nürtingen-Geislingen): Für mich spielt monetäre, aber vor allem menschliche Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden eine wichtige Rolle. Führungskräfte sollten gute Arbeit kommunizieren und auch mit den "einfachen" Mitarbeitenden respektvoll umgehen. Weiterhin ist mir wichtig, dass das Unternehmen, für das ich arbeite, offen gegenüber digitalen Technologien ist sowie eine interne und externe Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt.

Robert Zimmermann (Projektentwickler, Akademie der Immobilienwirtschaft Hamburg): Eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre, in der persönliche Entfaltung möglich ist und vermeintlich unorthodoxen Ideen gegenüber Offenheit herrscht. Nachhaltiges Arbeiten, Planen und Wirtschaften ist für mich als frischgebackener Familienvater außerdem wichtig.

Dana Pfitzner (Teamleiterin Immobilienmanagement, M.Sc. Immobilienwirtschaft, IU Internationale Hochschule GmbH): Ich möchte in einer angenehmen Atmosphäre arbeiten. Die persönliche Wertschätzung des Arbeitgebers, eine offene Kommunikation und Respekt tragen für mich sehr zur Jobzufriedenheit bei. Die Jobsicherheit, eine stabile wirtschaftliche Lage des Unternehmens und natürlich auch Gehalt und Sozialleistungen gewinnen wieder mehr an Bedeutung. Schließlich wünsche ich mir als junge Frau, dass ich mich nicht eines Tages zwischen Karriere und Familie entscheiden muss.

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Immobilienunternehmen brauchen Visionen und haben Vorbildfunktion

Was müsste ein Unternehmen anbieten, damit Sie eine Arbeit als sinnvoll betrachten könnten?

Sarah Immer (Referentin, Diplom-Immobilienökonomie, Akademie der Immobilienwirtschaft, MBA Real Estate and Management, HfWU Nürtingen-Geislingen): Auf jeden Fall muss meine Arbeit einen Mehrwert für die Gesellschaft bieten. Ich empfinde es als wichtig, eine Unternehmensvision zu haben. Für mich ist Sinnhaftigkeit verankert, wenn Werte und Vision aktiv (vor)gelebt werden. Ich habe den Eindruck, dass Führungskräfte allerdings nur selten dazu kommen "zu führen".

Alina Haser (B.A. Internationales Immobilienmanagement, TH Aschaffenburg): Auf einer persönlichen Ebene Sinnhaftigkeit zu erreichen, bedeutet für mich zufrieden, aber auch erfolgreich zu sein, sprich dazulernen und "weiterkommen" in Bezug auf das berufliche Schaffen. Ein Thema auf der gesellschaftlichen Ebene ist Nachhaltigkeit. Sowohl in der Projektentwicklung und im Asset Management als auch bei Auflage eines neuen Fonds ist es relevant, dieses Thema zu behandeln. Dieser Aspekt spielt auch für mich persönlich eine Rolle, sodass ich nicht in einem Unternehmen tätig sein möchte, das dieses Thema nur unzureichend beachtet.

Jakob Kozak (M.Sc. Real Estate, IREBS, Regensburg): Mir ist die Sinnhaftigkeit meiner zukünftigen Arbeit wichtig. Gerade wenn es um das Thema Investment geht, ist die pauschale Kritik schnell, dass das nur wenigen hilft, reich zu werden. Aber bei einem Immobilienfondsprodukt zum Beispiel wäre Sinnhaftigkeit dann gegeben, wenn man das Pensionsgeld von vielen Menschen vermehren soll, die hart gearbeitet haben, um im Alter vorgesorgt zu haben, indem man in nachhaltige Immobilien investiert. Ich glaube, wenn Arbeitgeber Antworten auf die oben formulierte Frage kommunizieren, werden sie für meine Generation interessanter.

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Glauben Sie, dass die Immobilienwirtschaft auch eine gesellschaftliche Verantwortung hat?

Annik Englert & Karina Weber (Gründerinnen ReFacto, B.Sc. Immobilienwirtschaft, HfUW Nürtingen-Geislingen): Die Immobilienbranche lebt mit den Menschen. Gerade dieser Aspekt macht die gesellschaftliche Verantwortung der Immobilienwirtschaft deutlich.

Theresa-Sophie Leser (M.Sc. Immobilienwirtschaft, IREBS, Regensburg): Ja, die Immobilienwirtschaft hat sehr viel mit gesellschaftlicher Verantwortung zu tun. Ich sehe vor allem die großen Immobilienunternehmen in der Pflicht, Vorbilder für die kleineren Unternehmen zu sein.

Claas Boyksen (Bauingenieur, M.A. Immobilienwirtschaft, IU Internationale Hochschule GmbH): Die Immobilienwirtschaft trägt eine enorme Verantwortung für unser gesellschaftliches Zusammenleben. Immobilien bieten viel Potenzial für innovative und umweltschonende Energiekreisläufe, weil sie als Energieverbraucher, -erzeuger und -speicher fungieren können.

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Work-Life-Balance und Incentives gehen vor Homeoffice

Welche Rolle spielt das Thema Work-Life-Balance bei der Auswahl des neuen Jobs?

Sarah-Madeline Buschmann (Projektentwicklerin, M.A. Real Estate Management, EBZ Business School): Bestenfalls spielt das Thema "Work-Life-Balance" gar keine bewusste Rolle, da die Tätigkeit und Aufgaben genau dem eigenen Antrieb und der eigenen Zielsetzung entsprechen. Gerade New Work ermöglicht eine ganz neue flexible Arbeitsweise, die die Grenzen immer weiter verschwimmen lässt und sich an die jeweiligen persönlichen Umstände und Präferenzen anpasst.

Moritz Schmid (B.A. Internationales Immobilienmanagement, TH Aschaffenburg): Dieses Thema steht bei mir in der aktuellen Lebensphase nicht im Vordergrund. Die mit dem jungen Alter einhergehende Belastbarkeit und angesprochene Motivation empfinde ich eher als Chance, die man sich zunutze machen kann, um von einer steilen Lernkurve zu profitieren, sich vor den Kunden, Geschäftspartnern, Arbeitskollegen und Vorgesetzten zu beweisen und deren Vertrauen zu gewinnen/ zu erarbeiten.   

Marvin Feuchthofen (M.A. Real Estate Management EBZ Business School): Das Thema Work-Life-Balance spielt für mich eine große Rolle, das Ausmaß der Gestaltung hängt von meinen persönlichen Bedürfnissen ab. Zeit mit der eigenen Familie zu verbringen und somit das Berufs- mit dem Familienleben zu vereinbaren, gewinnt für mich immer mehr an Bedeutung.

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Hoffen Sie auch auf Incentives oder wäre eine gute Unternehmenskultur ausreichend?

Annika Klippel (M.A. Real Estate Management, EBZ Business School): Dass ich eine positive Unternehmenskultur habe, mit der ich mich identifizieren kann, ist eine wichtige Basis, reicht aber nicht aus. Incentives, die die Arbeitgeberattraktivität für mich maßgeblich steigern, sind regelmäßige Weiterbildungsmöglichkeiten, die Nutzung eines Firmenwagens oder -fahrrads sowie gemeinsame Firmenevents.

Jakob Kozak: Für mich ist die technische Ausstattung, die ich vom Arbeitgeber erhalte, wichtig. Auch Firmenevents fördern den Zusammenhalt. Firmenwagen sind meiner Meinung nach nicht mehr notwendig, ein Carsharing-Modell im Unternehmen für Kundentermine ist ausreichend. Viel wichtiger ist da ein ÖPNV-Ticket.

Theresa-Sophie Leser: Eine gute Unternehmenskultur ist das A und O. Dies kann vor allem durch Open Work Spaces erreicht werden, was die gemeinsame Arbeit fördert. Neben zusätzlichen Urlaubstagen würden mich auch After-Work- Events reizen. Zudem ist eine Gleichbehandlung, vor allem in Bezug auf das Gehalt, ein Anreiz, im Unternehmen Fuß zu fassen.

Homeoffice: Wichtig oder nicht wichtig?

Sarah Buschmann: Ich denke, das Angebot mobilen Arbeitens ist inzwischen fester Bestandteil unserer Arbeitsweise. Agiles und flexibles Arbeiten innerhalb oder außerhalb des Büros ist für mich ein wichtiger Aspekt. Dabei frei zu entscheiden, wann von wo gearbeitet wird, fördert Produktivität und Zufriedenheit.

Moritz Schmid: Für mich ist die Nutzungsmöglichkeit einer Homeoffice-Regelung kein relevantes Auswahlkriterium für einen potenziellen Arbeitgeber; ein gutes Büroumfeld hat für mich einen deutlich höheren Stellenwert.

Alina Haser: Insbesondere zu Beginn einer Karriere ist eine direkte Kommunikation mit Kollegen und Kolleginnen essenziell. Für mich ist eine Kombination der beiden Arbeitsorte optimal und die Möglichkeit, im Homeoffice arbeiten zu können, durchaus ausschlaggebend für die Entscheidung für oder gegen eine Arbeitsstelle.

Die 25 steht für die Zahl des Jubiläums des Fachmagazins "Immobilienwirtschaft". Das tatsächliche Alter der Befragten kann davon abweichen ...

Den vollständigen Beitrag zum Thema lesen Sie in der Jubiläumsausgabe 09/2022 des Fachmagazins "Immobilienwirtschaft".


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