Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 12 WEG
Kommentar
Meine vielfach geäußerte Kritik an Verwalterzustimmungs-Vereinbarungen zu Veräußerungsgeschäften wird bestätigt durch zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe.
Ein Eigentümer hatte seine Räumlichkeiten in einer Anlage mit weiteren gewerblich genutzten Einheiten (mit nennenswertem Publikumsverkehr) verkauft und zwar zum Zwecke der Nutzung der Räume als Facharztpraxis für Unfallchirurgie. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Verwaltungsbeiratsvorsitzenden verweigerte der Verwalter die Zustimmung zu diesem Veräußerungsgeschäft. Auch die Gemeinschaft schloss sich durch nachfolgenden Mehrheitsbeschluss dieser Zustimmungsverweigerung ausdrücklich an.
In seiner ersten Entscheidung stellte das OLG Karlsruhe in Anlehnung an die herrschende Rechtsmeinung heraus, dass Gemeinschaft und Verwalter ihre Zustimmung zur Veräußerung von Teileigentum nur versagen dürften, wenn die Veräußerung den schutzwürdigen Gemeinschaftsinteressen der übrigen Miteigentümer in unzumutbarer Weise zuwiderlaufe; andernfalls könnten sie dem Veräußerer zu Schadenersatz verpflichtet sein. Dem stehe nicht entgegen, dass die Zustimmung durch förmlichen Beschluss der Eigentümerversammlung versagt worden sei. Der veräußernde Eigentümer hatte im Verfahren Schadenersatz gegen den Verwalter und gegen die gegen eine Veräußerung stimmenden Wohnungseigentümer in Höhe von über DM 86.000,- geltend gemacht (nach Rücktritt des Erstkäufers vom Kaufvertrag konnte der Verkäufer die Einheit nur zu entsprechend niedrigerem Verkaufspreis veräußern, so dass hier der Differenzbetrag als Schadenersatz geltend gemacht wurde). Um die Verschuldensfrage des Verwalters zu klären, wurde die Sache an die II. Instanz zurückverwiesen. Aufgrund der Beschlussfassung der Wohnungseigentümerversammlung sei auch u. U. eine Schadenersatzpflicht derjenigen Eigentümer begründet, die gegen die Zustimmung votiert hätten. Anspruchsgrundlage sei das unter Miteigentümern bestehende gesetzliche Schuldverhältnis.
Überraschend ist an dieser Entscheidung, dass das Gericht nur die die Zustimmung versagenden Miteigentümer einer etwaigen Schadenersatzpflicht unterworfen ansieht, nicht sämtliche Miteigentümer im Falle eines grundsätzlich schwebend gültigen Beschlusses mit der grundsätzlichen Bindungswirkung aller Eigentümer nach § 10 Abs. 4 WEG.
Nach weiterer Sachaufklärung gelangte die Sache erneut vor das OLG Karlsruhe. Das Gericht entschied abschließend, dass eine Eigentümergemeinschaft und ein Verwalter auf Schadenersatz haften, wenn sie die Zustimmung zur Veräußerung von Teileigentum gemäß § 12 WEG versagen, obwohl sie bei realistischer Einschätzung der Sachlage mit der Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung durch ein Gericht rechnen mussten. Eine Schuldnerseite trage grundsätzlich das Risiko eines Irrtums über die Rechtslage, das nicht auf den Gläubiger abgeschoben werden könne. Ein Rechtsirrtum sei nur dann entschuldbar, wenn der Schuldner bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte. Neben dem Verwalter seien auch die betreffenden Eigentümer, die in der Versammlung gegen die Zustimmung zu der Veräußerung des Teileigentums des Antragstellers gestimmt hätten, gesamtschuldnerisch für den eingetretenen Schaden haftbar. Auch mit dem Verwalter stehe die gesamtschuldnerisch haftende Gruppe von Miteigentümern in gesamtschuldnerischer Haftung.
Link zur Entscheidung
( OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.02.1983, 4 W 97/82u. v. 18. 9. 84, Die Justiz 85 S. 140/143)
Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung