Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Hier: schwere Verletzung eines an einem elektrischen Garagen-Rolltor spielenden Kindes
Normenkette
§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG, § 249 BGB, § 254 BGB, § 276 BGB, § 278 BGB, § 823 BGB, § 828 BGB, § 831 BGB, § 128 HGB, § 161 HGB
Kommentar
1.In der Besprechnung zu AG Mettmann, Urteil v. 17. 5. 1994, Az.: 8 Ls 8 Js 1355/92wurde bereits auf die strafgerichtlichen Aspekte dieses Sachverhalts hingewiesen; strafrechtlich wurde der Verwalter von eigener Schuld rechtskräftig freigesprochen.
Im Zivilverfahren auf Schadenersatz wurde allerdings zwischenzeitlich der selbige Verwalter auf Antrag des verletzten Mädchens (vertreten durch das städtische Jugendamt als Vormund) - noch nicht rechtskräftig - m.E. zu Unrecht verurteilt, weiteres Schmerzensgeld an das Kind zu bezahlen, bei gleichzeitiger Feststellung, dass er verpflichtet sei, der Klägerin sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 12. 5. 1992 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen seien.
Das kleine Mädchen lebte hier im Einverständnis mit dem Vormund bei ihrer Großmutter; die Großeltern hatten in der Eigentumswohnanlage eine Wohnung gemietet. In der Anlage wurde die Tiefgarage durch ein Eisengitterrolltor verschlossen (elektrische Schlüsselöffnung des Tores von außen und Kettenzug von innen beim Ausfahren vom Pkw-Fahrersitz aus). Offensichtlich benutzten 1992 Kinder einige Male allein den Tiefgaragen-Zufahrtsbereich als Spielplatz. Mehrfach musste wohl der Hausmeister die Kinder (u.a. auch die Klägerin) - wohl nur von dort - verscheuchen; dennoch kam es am 12. 5. 1992 zu einem dramatisch-schweren Unfall. Noch nicht schulpflichtige Kinder hatten von innen das Rolltor geöffnet; die Klägerin hielt sich außen am Tor fest, wurde hochgezogen, sprang nicht rechtzeitig ab und geriet zwischen Tor und Deckensturz. Zunächst klinisch tot konnte das Kind wieder reanimiert werden, musste sich anschließend auch einer Schädel- und Kieferoperation unterziehen; in dieser Zeit erlitt sie auch Streckkrämpfe und muss heute noch regelmäßig untersucht werden.
Die Haftpflichtversicherung der Verwaltung zahlte bisher insgesamt DM 15.000,- (hiervon DM 14.500,- als Schmerzensgeld).
Im Zivilprozess wurde nunmehr von der Klägerin vorgetragen, dass das Tor nicht betriebssicher und defekt gewesen sei, insbesondere ein Kettenschutz und eine Scherkantensicherung gefehlt habe (zum Stopp des Tores bei Widerstand). Demgegenüber ließ der beklagte Verwalter vortragen, die Rolltoranlage habe allen bestehenden Sicherheitsvorschriften entsprochen, sie sei auch betriebssicher gewesen; es habe nicht damit gerechnet werden können, dass Kinder (auch) an der Rolltoranlage spielen würden; Entsprechendes sei der Verwaltung auch vom Hausmeister nicht mitgeteilt worden; der von der Verwaltung eingestellte Hausmeister habe die ihm übertragenen Arbeiten im Übrigen auch stets zur vollsten Zufriedenheit erledigt. Im Übrigen sei Verjährung der Ansprüche eingetreten.
2.Das Feststellungsinteresse für zukünftigen Schadenersatz sei nach Meinung des LG gegeben. Nach Auffassung des Gerichts habe die Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage ihr obliegende Verkehrssicherungspflichten verletzt. Der Komplementär der Verwaltungs-KG hafte persönlich nach den §§ 161, 128 HGB. Seine Pflichtverletzung folge aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG. Auch die Überwachung einer Rolltoranlage zähle zu den Verwalteraufgaben. Gehöre die Anstellung eines Hausmeisters zum Aufgabenkreis eines Verwalters, habe der Verwalter zumindest stillschweigend auch Überwachungsaufgaben eines Hausmeisters übernommen und müsse für Pflichtverletzungen des Hausmeisters gem. § 831 BGB einstehen. Vorliegend gehe das Gericht davon aus, dass der Hausmeister seinen Verkehrssicherungspflichten nicht ausreichend nachgekommen sei, wobei unterstellt werden könne, dass die Rolltoranlage den damals geltenden Sicherheitsbestimmungen entsprochen habe. Unter den konkreten Umständen hätten allerdings zusätzliche Vorsorgemaßnahmen ergriffen werden müssen, um zu verhindern, dass Kinder die Rolltoranlage unbefugt betätigen könnten. Unter normalen Umständen sei zwar nicht damit zu rechnen, dass Personen in diesem Bereich des Gemeinschaftseigentums eingeklemmt und verletzt würden. Üblicherweise drohten Gefahren in erster Linie auch nur beim Schließen eines Tores, wenn sich Personen oder Gegenstände unter einem Rolltor befänden. Vorliegend sei jedoch auf die Besonderheit abzustellen, dass sich unstreitig kleine Kinder im Bereich der Zufahrt zur Tiefgarage häufiger aufgehalten hätten und der Hausmeister des Öfteren bereits die Kinder aus der Zufahrt hätte vertreiben müssen (offensichtlich ohne nachhaltigen Erfolg). Damit habe sich eine missbräuchliche Benutzung der Rolltoranlage durch die Kinder aufgedrängt; dies gelte auch für die Betätigung der innen liegenden Kette als für Kinder ohne Zweifel zum Spiel sehr verlockende Einrichtung. Selbst bei grundsätzlicher Betriebssicherheit des Rolltores habe deshalb...