Leitsatz
Vor Jahren galten englische Lebensversicherungen als Zauberformel in Sachen Rendite. Es stellt sich die Frage, ob ein in England abgeschlossener gerichtlicher Vergleichsplan eines englischen Lebensversicherers dazu führt, dass auch ein deutscher Kunde seine Schadenersatzansprüche nicht geltend machen kann.
Sachverhalt
Englische Lebensversicherungen, die das Geld der Versicherten meist wesentlich risikoreicher anlegen als die deutsche Konkurrenz, sind häufig von Klagen betroffen. Es ging hier um Schadensersatzansprüche gegen einen englischen Lebensversicherer, weil hohe in Aussicht gestellte Renditen nicht erzielt wurden. In dem Fall, den der BGH entschied, wurde der Kunde im Prospektmaterial mit Renditen von 9,8 % gelockt. Der Kläger schloss zu Beginn des Jahres 1999 bei dem beklagten englischen Lebensversicherer mit deutscher Niederlassung eine Investment-Lebensversicherung ab. Die beworbene Rendite wurde nicht erzielt.
Der Kläger hatte geltend gemacht, dass er vor Vertragsabschluss nicht ausreichend aufgeklärt worden sei und er den Vertrag bei zutreffender Information nicht abgeschlossen hätte. Konkret bemängelte er Informationsdefizite zu folgenden Inhalten der Geschäftspolitik: überhöhte Zuteilung von Überschüssen, unzureichende Bildung von Deckungskapital und die Verwendung veralteter Sterbetafeln.
Das Besondere an diesem Fall: Das beklagte englische Versicherungsunternehmen geriet auf dem Heimatmarkt in Schieflage. Die Gesellschaft führte 2001 ein sog. Vergleichsplanverfahren nach § 425 des Britischen Companies Act 1985 durch.
Dieses "Scheme of Arrangement" sah einen Verzicht der Versicherungsnehmer auf weitergehende Ansprüche vor. Als Gegenleistung für die Abfindung wurden die Versicherungswerte um 2,5 % erhöht.
Die Frage war, welche Auswirkungen der geschlossene Vergleich auf einen deutschen Versicherungsnehmer hat. "Der Vergleichsplan hindert Versicherungsnehmer in Deutschland nicht, Ansprüche geltend zu machen", entschied der BGH. Der Anerkennung eines gerichtlich genehmigten Vergleichsplans nach englischem Gesellschaftsrecht stehen die Vorschriften über die Zuständigkeit in Versicherungssachen nach Art. 8, 12 Abs. 1, 35 EuGVVO entgegen, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs hat der BGH seine Rechtsprechung bestätigt. Danach ist bei einem Schadensersatzanspruch aus vorvertraglichem Verschulden nicht § 12 Abs. 1 VVG a.F. einschlägig. Es gelten vielmehr die Bestimmungen der §§ 195, 199 BGB. Danach sind nur einige der vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche verjährt. Um festzustellen, welche Ansprüche noch nicht verjährt sind, wurde die Sache zur erneuten Verhandlung an das OLG zurückverwiesen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 15.02.2012, IV ZR 194/09.