Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG
Kommentar
1. In einer Wohnanlage entstanden Probleme durch Ungezieferbefall. Zunächst beschloss die Gemeinschaft, dass sich Eigentümer der Gewerbeeinheiten und auch der Wohnungen jeweils selbst um Wartungsverträge und Desinfektionsmaßnahmen zu kümmern hätten. Da diese Lösung als unbefriedigend empfunden wurde, kam es dann zu weiterer Beschlussfassung, unter Aufhebung des früheren Beschlusses, eine komplette Maßnahme durchzuführen, wobei die Gesamtkosten von etwa DM 40.000,- aus der Rücklage zu bezahlen seien. Mit ergänzendem Beschluss wurde klargestellt, dass die Maßnahme in jeder Wohnung durchzuführen sei. Der Beschluss wurde mit 68 Ja-Stimmen gegen 22 Nein-Stimmen angenommen.
In einer Beschlussanfechtung wurde vorgetragen, dass die Aktion die Umwelt sowie die Gesundheit der Bewohner gefährde, da ein hochgiftiges Mittel eingesetzt werden sollte; die anfechtenden Antragsteller trugen auch vor, dass der Beschluss als Eingriff in Sondereigentumsrechte der Einstimmigkeit bedurft hätte. Die Antragsgegnerseite erwiderte, dass die frühere Beschlussfassung unzureichend gewesen sei und es sich als erforderlich erwiesen habe, den gesamten Häuserkomplex von oben bis unten in einem Stück ohne Ausnahmen reinigen zu lassen; i. ü. habe eine entsprechende Auflage des Gesundheitsamts vorgelegen. Eine angesetzte Desinfektion konnte nicht durchgeführt werden, da die Antragstellerseite direkt gegen die Desinfektionsfirma eine entsprechende einstweilige Verfügung erreichte und diverse Eigentümer auch den Zutritt zu ihrer Wohnung verwehrten.
Der Verwalter erklärte sich daraufhin bereit, erneut einen Beschluss herbeizuführen; unangefochten wurde daraufhin beschlossen, den Auftrag einer anderen Firma zu erteilen und ein anderes Desinfektionsmittel zu verwenden. Aus diesem Grund erklärten die Antragsteller übereinstimmend die Hauptsache für erledigt.
2. Das AG musste insoweit allein noch über die Verfahrenskosten entscheiden und verurteilte die Antragsteller samt verbindlich in die Gerichtskosten, ordnete jedoch keine Erstattung außergerichtlicher Kosten an. Nach Meinung des AG hätten die Antragsteller bei Fortsetzung des Verfahrens verloren. Der Anlass zur Desinfektionsmaßnahme sei unstreitig gegeben gewesen als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Insoweit könne bei Ungezieferbefall nicht zwischen Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum differenziert werden, sodass der erste Beschluss tatsächlich als unzureichend angesehen werden konnte. Eine Schädlingsbekämpfung allein der Initiative der jeweiligen Sondereigentümer zu überlassen, funktioniere nur dort, wo diese Bekämpfung überall ernst genommen und dann auch fachgerecht durchgeführt werde. Bei Säumnis nur eines einzigen Sondereigentümers sei ein Erfolg sofort infrage gestellt (auch hinsichtlich bereits aller anderen erfolgten Säuberungsmaßnahmen). Eine Desinfektion sei Angelegenheit der ordnungsgemäßen Instandhaltung des gesamten Gemeinschaftseigentums auch dann, wenn einzelne Sondereigentumsbereiche dem ersten äußeren Anschein nach noch nicht befallen sein sollten. Insoweit stelle deshalb der Beschluss keineswegs einen Kompetenzübergriff ins Sondereigentum dar, sei also auch nicht nichtig und hätte auch nicht der Einstimmigkeit bedurft.
Soweit es um die Gefährlichkeit des angewandten Desinfektionsmittels gegangen sei, müsse berücksichtigt werden, dass die Auswahl der einzusetzenden Mittel nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses gewesen sei. Insoweit sei allein der Verwalter der richtige Adressat, der die Auswahl der ausführenden Firma, die Vertragsgestaltung mit dieser und so auch die Bestimmung des zu verwendenden Mittels habe entscheiden können.
3. Geschäftswert: DM 40.000,- (Interesse nicht nur der Antragsteller, sondern der gesamten Gemeinschaft am Fortbestand des angefochtenen Beschlusses, d. h. den Kosten der durchzuführenden Aktion).
Link zur Entscheidung
( AG München, Beschluss vom 24.08.1993, UR II 973/92 WEG)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer