Leitsatz

1. Welcher Schallschutz für die Errichtung von Eigentumswohnungen geschuldet ist, ist in erster Linie durch Auslegung des Vertrags zu ermitteln. Wird ein üblicher Qualitäts- und Komfortstandard geschuldet, muss sich das einzuhaltende Schalldämmmaß an dieser Vereinbarung orientieren. Der Umstand, dass im Vertrag auf eine "Schalldämmung nach DIN 4109" Bezug genommen ist, lässt schon deshalb nicht die Annahme zu, es seien lediglich die Mindestmaße der DIN 4109 vereinbart, weil diese Werte in der Regel keine anerkannten Regeln der Technik für die Herstellung des Schallschutzes in Wohnungen sind, die üblichen Qualitäts- und Komfortstandards genügen (im Anschluss an BGH, Urteil v. 14.6.2007, VII ZR 45/06, BGHZ 172, 346 = NJW 2007, 2983).

2. Kann der Erwerber nach den Umständen erwarten, dass die Wohnung in Bezug auf den Schallschutz üblichen Qualitäts- und Komfortstandards entspricht, muss der Unternehmer, der hiervon vertraglich abweichen will, den Erwerber deutlich hierauf hinweisen und ihn über die Folgen einer solchen Bauweise für die Wohnqualität aufklären. Der Verweis des Unternehmers in der Leistungsbeschreibung auf "Schalldämmung nach DIN 4109" genügt hierfür nicht.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

DIN 4109

 

Kommentar

Die Entscheidung betrifft einen Vertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung. In der zu dem Erwerbsvertrag gehörenden Baubeschreibung war u. a. vereinbart, dass eine "Trittschalldämmung gem. DIN 4109 zur Ausführung" kommt. Der Erwerber hat die Wohnung zunächst übernommen. Er beanstandet nunmehr einen mangelhaften Schallschutz und verlangt Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung des Wohnungseigentums. Der BGH hatte zu prüfen, ob sich der Erwerber einer Eigentumswohnung mit einem Schallschutz nach DIN 4109 zufriedengeben muss, wenn die Baubeschreibung auf diese Norm verweist. Die Ausführungen des Gerichts sind darüber hinaus auch für die Miete von Bedeutung, weil ein unzureichender Schallschutz als Mangel der Mietsache zu bewerten ist.

1 Mindestschallschutz nach DIN 4109

Die DIN 4109 – Schallschutz im Hochbau – enthält lediglich öffentlich-rechtliche Mindestanforderungen an den Schallschutz zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren. Werden die in der DIN 4109 aufgeführten Grundsätze und Ausführungsanweisungen beachtet, bedeutet dies nicht, dass bei Einhaltung der Anforderungen keine Belästigungen mehr auftreten können. Für einen verbesserten Schallschutz ist das Beiblatt 2 zur DIN 4109 zu beachten. Dieses enthält – über den Geltungsbereich der DIN 4109 hinausgehend – Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz gegen Schallübertragung aus einem fremden Wohn- oder Arbeitsbereich und Empfehlungen für den Schallschutz im eigenen Wohn- und Arbeitsbereich. Weiterhin findet man hier auch Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz gegen Geräusche aus haustechnischen Anlagen.

2 Grundsätze der Rechtsprechung

Hiervon ausgehend entwickelt der BGH folgende Grundsätze:

  1. Mangels einer gegenteiligen Vereinbarung kann der Erwerber einer Wohnung mit üblichen Komfort- und Qualitätsansprüchen einen Schallschutz erwarten, der dem Beiblatt 2 der DIN 4109 entspricht. Die Anforderungen der DIN 4109 entsprechen nicht den anerkannten Regeln der Technik, weil sie lediglich vor unzumutbaren Belästigungen schützen und keinen üblichen Qualitäts- und Komfortstandard gewährleisten.
  2. Nimmt der Erwerbsvertrag auf die DIN 4109 Bezug, so ist ein Schallschutz nach dem Beiblatt 2 der DIN 4109 geschuldet.
  3. Will der Bauunternehmer erreichen, dass nur der Mindestschallschutz nach DIN 4109 geschuldet ist, muss er den Erwerber im Erwerbsvertrag deutlich auf die Unterschreitung des üblichen Standards hinweisen und ihn über die Folgen einer solchen Bauweise für die Wohnqualität aufklären. Der bloße Hinweis in der Baubeschreibung auf die DIN 4109 genügt nicht.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 04.06.2009, VII ZR 54/07, NJW 2009, 2439 m. Anm. Seibel, IBR 2009, 447

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