Leitsatz
Die Ehefrau - die die algerische Staatsangehörigkeit besaß - hatte Prozesskostenhilfe für das von ihr beabsichtigte Scheidungsverfahren beantragt. Ihr Ehemann war ebenfalls algerischer Staatsangehöriger, die Parteien lebten in Deutschland.
Ihr Prozesskostenhilfeantrag wurde vom erstinstanzlichen Gericht unter Hinweis auf die fehlende Erfolgsaussicht des beabsichtigten Ehescheidungsantrages zurückgewiesen.
Hiergegen legte die Ehefrau sofortige Beschwerde ein, die das OLG für begründet hielt.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, den beabsichtigten Scheidungsantrag der Ehefrau könne nicht von vornherein die Aussicht auf Erfolg abgesprochen werden.
Das FamG hätte zunächst aufklären müssen, ob algerisches oder deutsches Recht zur Anwendung komme. Zwar seien die Parteien beide algerische Staatsangehörige, was gem. Art. 17 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB zur Anwendung algerischen Rechts führen würde. Völlig ungeklärt sei jedoch, auf welcher rechtlichen Grundlage der Aufenthalt der Parteien in Deutschland beruhe. Sollte es sich bei den Parteien um Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention oder um anerkannte Asylberechtigte handeln, so besäßen sie deutsches Personalstatut mit der Folge, dass deutsches Recht zur Anwendung käme.
Sollte algerisches Recht Anwendung finden und die Scheidung danach nicht zulässig sein, so käme nach Auffassung des OLG ebenfalls deutsches Scheidungsrecht zum Zuge, weil dieses Ergebnis gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz und damit gegen den deutschen ordre public gem. Art. 6 EGBGB verstoßen würde.
Während nämlich der Ehemann gem. Art. 48 Satz 2 des algerischen FamGB vom 9.6.1984 durch einfache Willenserklärung die Scheidung herbeiführen könne, sei der Scheidungsantrag der Ehefrau nur unter den in Art. 53 des algerischen FamGB genannten engen Voraussetzungen zulässig.
Nach deutschem Recht war die Scheidung nach Auffassung des OLG zulässig. Danach sei eine Ehe gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr bestehe und nicht mehr erwartet werden könne, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. Die von der Ehefrau behaupteten Gewalttätigkeiten des Antragsgegners seien durchaus geeignet, ihren Willen, nicht mehr zu dem Ehemann zurückkehren zu wollen, plausibel zu begründen. Dabei sei völlig unerheblich, ob dieser Umstand in Algerien anders gewertet werde.
Link zur Entscheidung
OLG Rostock, Beschluss vom 07.11.2005, 10 WF 69/05