Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer gegenüber dem Insolvenzverwalter ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung
Leitsatz (amtlich)
1. Unabhängig davon, ob die KraftSt für einen bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Entrichtungszeitraum bereits entrichtet war, ist die nach Verfahrenseröffnung – grundsätzlich tageweise – entstehende KraftSt eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn das Kfz Teil der Insolvenzmasse ist.
2. Die mit Beginn des jeweiligen Entrichtungszeitraums entstehende KraftSt-Zahlungsschuld ist kein „begründeter Vermögensanspruch“ i.S. des § 38 InsO und damit keine Insolvenzforderung, soweit der steuerrelevante Sachverhalt des Haltens des Kfz nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht wird.
Normenkette
KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1, §§ 6, 11 Abs. 1; AO § 33 Abs. 1, § 34 Abs. 1, 3, § 38; InsO §§ 35, 38, 55 Abs. 1 Nr. 1, § 80 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer (KraftSt) gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung.
Mit Beschluss des Amtsgerichtes - Insolvenzgericht - vom 01.07.2010 wurde über das Vermögen der ... GmbH (GmbH) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger, Herr Rechtsanwalt A, zum Insolvenzverwalter bestellt.
Für die GmbH ist seit dem 02.01.2008 eine Zugmaschine mit einer zulässigen Gesamtmasse von 18.000 kg zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen. Die Zugmaschine hat den Emissionsschlüssel 0684 und die Schadstoff-/Geräuschklasse 1999/96/EG; B2, GKL: G1.
Mit Bescheid vom 20.07.2010 setzte das Finanzamt für den Zeitraum 02.01.2010 bis zum Stichtag vor Insolvenzeröffnung am 30.06.2010 die - ursprünglich für ein vollständiges Jahr festgesetzte - KraftSt (einschließlich Anhängerzuschlag) neu mit 458 € fest. Das sich aus diesem Bescheid auf Grund der bereits vollständig erfolgten Entrichtung der KraftSt ergebende Guthaben verrechnete das Finanzamt mit Umbuchungsmitteilung vom 27.07.2010 mit offenen Umsatzsteuerrückständen im Range von Insolvenzforderungen.
Am 20.07.2010 erging gleichzeitig ein Bescheid, mit dem die KraftSt ab dem 01.07.2010 für einen neuen - wiederum ein volles Jahr umfassenden - Entrichtungszeitraum (einschließlich Anhängerzuschlag) in Höhe von 929 € festgesetzt wurde.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Mit nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) geänderten Bescheid vom 06.10.2010 setzte das Finanzamt die KraftSt für den Zeitraum ab Insolvenzeröffnung am 01.07.2010 bis zum Ende des ursprünglichen bzw. regulären Entrichtungszeitraums am 01.01.2011 auf 470 €, danach ab 02.01.2011 auf jährlich 929 € fest.
Der Kläger begründete seinen Einspruch im Wesentlichen damit, dass durch die Insolvenzeröffnung weder ein Halterwechsel noch eine Unterbrechung des ursprünglichen Entrichtungszeitraumes erfolgt sei. Für die gegenteilige Auffassung biete das Kraftfahrzeugsteuergesetz keine Grundlage.
Mit Einspruchsentscheidung vom 10.12.2010 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Auf den Inhalt der Entscheidung wird ergänzend Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger fristgemäß Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor:
Der KraftSt-Bescheid vom 06.10.2010, bestätigt durch die Einspruchsentscheidung vom 10.12.2010, sei rechtswidrig, weil darin zu Unrecht davon ausgegangen werde, dass auf Grund der Insolvenzeröffnung mit Bestellung des Insolvenzverwalters durch Übergang der Vermögensverwaltungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter i. S. d. InsO kraftfahrzeugsteuerlich eine Abmeldung des Kfz fingiert werde. Dies sei jedoch nicht zutreffend und in keinster Weise durch die gesetzlichen Regelungen sowohl im KraftStG als auch in der InsO zu stützen.
Weder enthalte § 11 KraftStG einen Änderungstatbestand, der die vom Finanzamt erlassenen Bescheide für einen neuen Entrichtungszeitraum rechtfertige, noch sei aus den §§ 5, 6, 7 und 12 KraftStG zu folgern, dass sich der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer oder der Steuerschuldner durch die Insolvenzeröffnung geändert hätten. Schuldner der Kfz-Steuer sei die Person, auf die das Fahrzeug zugelassen ist (§ 7 Nr. 1 KfzStG). Bei einem Wechsel der Haltereigenschaft komme es ausschließlich auf die verkehrsrechtliche Zulassung an, so dass lediglich der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 InsO noch keinen Halterwechsel herbeiführt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe somit weder eine Unterbrechung des regulären Besteuerungszeitraums noch einen Wechsel des Halters zur Folge.
Lediglich für den Fall, dass ein Fahrzeug vor Ablauf des ursprünglichen Entrichtungszeitraums abgemeldet wird, sei gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG tatsächlich eine Neufestsetzung durch Bescheid vorzunehmen. Jedoch sei die Festsetzung ab Beginn des regulären Entrichtungszeitraumes bis zur Abmeldung vorzunehmen.
Der 7. Senat des BFH komme in seinem Urteil vom 16.11.2004 (VII R 62/03) für den Fall, dass die KraftSt für den bei ...