Entscheidungsstichwort (Thema)
Stundung der Kaufpreisforderung aus der Veräußerung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks im Wege einer Ratenzahlungsabrede als Einräumung eines Darlehens Aufteilung in einen Zins- und einen Tilgungsanteil zur Berechnung des Kapitalertrags
Leitsatz (amtlich)
Die Stundung der Kaufpreisforderung aus der Veräußerung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks im Wege einer Ratenzahlungsabrede ist als Einräumung eines Darlehens zu qualifizieren, welches zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG führen kann. Dies gilt auch dann, wenn die Vertragsparteien eine Verzinsung ausdrücklich ausgeschlossen haben (Anschluss an die ständige Rechtsprechung des BFH z.B. BFH, Urteil vom 14.07.2020 VIII R 3/17, BStBl. II 2020, 813).
Zur Berechnung des Kapitalertrags sind die Kaufpreisraten gemäß § 12 Abs. 3 BewG in einen Zins- und einen Tilgungsanteil aufzuteilen, wobei im Streitfall offenbleiben kann, ob der gesetzliche Zinssatz gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 BewG in Höhe von 5,5% in den Jahren 2021 und 2022 noch als verfassungsgemäß qualifiziert werden kann.
Wird der Zins- bzw. Kaufpreisvorteil aus der Ratenzahlungsabrede z.B. im Rahmen eines Angehörigenvertrages ausdrücklich verschenkt und ist die Schenkung als freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 ErbStG zu qualifizieren, dann tritt die Ertragsbesteuerung des Zinsanteils rechtssystematisch zurück (Abweichung von FG Köln, Urteil vom 27.10.2022 7 K 2233/20, EFG 2023, 682).
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7; BewG § 12 Abs. 3; ErbStG § 7 Abs. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kläger in den Streitjahren Zinseinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG aus der Veräußerung eines Hausgrundstücks an ihre Tochter gegen Ratenzahlung erzielt haben.
Die Kläger sind Ehegatten und werden in den Streitjahren gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Sie waren über mehr als 10 Jahre Eigentümer eines mit einem Wohnhaus nebst Carport und Schuppen bebauten Grundstücks. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 23.04.2021 veräußerten sie dieses Grundstück an ihre Tochter. Unter § 5 des Vertrages "Gegenleistung" vereinbarten die Vertragsparteien Folgendes:
"Die Parteien geben den Wert der Immobilie mit (...) € an. Der Übernehmer verpflichtet sich, (...) € an den Überlasser zu zahlen. Der Betrag wird zunächst gestundet. Der Übernehmer zahlt dem Überlasser diesen Betrag in monatlichen Raten á 900,00 € ab […]. Eine Verzinsung ist nicht vereinbart. Die in diesem Verzicht liegende Kaufpreisreduzierung wird dem Übernehmer geschenkt. Ergänzend vereinbaren die Parteien, dass die monatliche Rate im gegenseitigen Einvernehmen alle 5 Jahre um bis zu 5% erhöht werden kann, bei entsprechender Verkürzung der Laufzeit. Sollte einer der Überlasser versterben, ist der Vertrag mit seinen Erben fortzusetzen. Stirbt der Übernehmer, sind dessen Erben zur Sondertilgung berechtigt, aber nicht verpflichtet."
Aufgrund einer Kontrollmitteilung des Finanzamts A vom 19.06.2023 über einen in der Ratenzahlungsvereinbarung liegenden Zinsanteil erließ das beklagte Finanzamt (FA) am 24.08.2023 einen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 2021. In den Erläuterungen zur Festsetzung führte es aus, dass der für 2021 in den Kaufpreisraten enthaltene Zinsanteil in Höhe von (...) € gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG)jeweils hälftig bei den Einkünften der Kläger aus Kapitalvermögen erfasst worden sei. Die Einkommensteuer 2021 wurde auf (...) € festgesetzt.
Hiergegen erhoben die Kläger am 22.09.2023 Einspruch: Die Immobilie sei über 10 Jahre in ihrem Eigentum gewesen, so dass der vereinbarte Kaufpreis steuerfrei sei. Eine Verzinsung sei ausdrücklich nicht bzw. mit einem Zinssatz von Null vereinbart. Die fiktiv zugrunde gelegte Verzinsung überschreite den für die Schenkungssteuer geltenden Freibetrag in Höhe von 800.000 € nicht, so dass auch keine Schenkungssteuer anfalle. Mit Schreiben vom 27.09.2023 wies das FA die Kläger auf verschiedene BFH-Urteile hin, wonach in Ratenzahlungsvereinbarungen stets ein nach Maßgabe des § 12 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG)zu berechnender Zinsanteil liege, welcher steuerlich auch bei zivilrechtlich ausgeschlossener Verzinsung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassen sei.
Am 18.10.2023 erging aus hier nicht relevanten Gründen ein geänderter Einkommensteuerbescheid für 2021. Die Einkommensteuer wurde auf (...) € festgesetzt. Am gleichen Tage erließ das FA auch den Einkommensteuerbescheid für 2022. Darin berücksichtigte es mit Blick auf die Ratenzahlungsvereinbarung Zinseinkünfte für 2022 in Höhe von insgesamt (...) €, die es jeweils hälftig auf die Kläger aufteilte. Die Einkommensteuer für 2022 wurde auf (...) € festgesetzt.
Mit Schreiben vom 26.10.2023 erhob der Prozessbevollmächtigte der Kläger Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 2022 und vorsorglich erneut Einspruch gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2021: Die zitierte Recht...