Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe für einen Asylbewerber durch einstweiligen Rechtschutz

 

Orientierungssatz

1. Zur Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe nach §§ 56 ff. SGB 3 durch einstweiligen Rechtschutz ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich.

2. An dem notwendigen Anordnungsgrund fehlt es, wenn es dem Antragsteller möglich ist, die bereits begonnene Ausbildung zu den von ihm in Aussicht genommenen Beruf aus eigenen finanziellen Mitteln fortzusetzen. Das ist bei einem Asylbewerber dann der Fall, wenn er über Einnahmen verfügt, die es ihm ermöglichen, sowohl die Unterkunftskosten zu decken als auch seine Lebenshaltungskosten über den Regelsatz des SGB 12 hinaus. Im Übrigen fehlt es am erforderlichen Anordnungsanspruch, wenn die Gesamtschutzquote des Antragstellers im Herkunftsland unter 50 % liegt. In diesem Fall gehört der Antragsteller nicht zum förderungsfähigen Personenkreis des § 132 SGB 3.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 2. November 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für die Beschwerdeinstanz nicht zu erstatten.

Der Antrag des Antragsstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

Mit Beschluss vom 2. November 2018 hat das Sozialgericht den Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihm - dem Antragsteller - ab dem 1. August 2018 Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) nach den §§ 56 ff. Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III) anlässlich seiner aufgenommenen Ausbildung zum Koch zu gewähren, abgelehnt.

Der 1994 geborene Antragsteller kam als Flüchtling aus A.  im Oktober 2015 nach Deutschland. Hier stellte er einen Asylantrag, über den noch nicht rechtskräftig entschieden ist; wann über die beim Verwaltungsgericht anhängige Klage (7 A 873/17) entschieden wird, ist noch nicht absehbar. Der Antragsteller befindet sich seit dem 1. August 2018 in einem Ausbildungsverhältnis zum Koch. Bei dem Antragsteller besteht eine durchgehende Aufenthaltsgestattung, zuletzt bis zum 7. Januar 2019. Der Antragsteller lebt ab dem 31. Juli 2017 in einer Wohnung, deren Kosten er sich mit einem anderen Mitbewohner teilt (290,00 EUR). Der Antragsteller erhält aufstockende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Höhe von monatlich 383,20 EUR. Die Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr beträgt monatlich 640,00 EUR brutto (520,00 EUR netto). Den vom Antragsteller am 1. Mai 2018 bei der Antragsgegnerin gestellten Antrag auf Gewährung von BAB lehnte diese mit Bescheid vom 20. Juni 2018 ab, wogegen der Antragsteller Widerspruch eingelegte, über den -soweit ersichtlich -noch nicht entschieden ist. Die ablehnende Entscheidung hat das Sozialgericht im Wesentlichen damit begründet, dass es dem Antragsteller für eine vorläufige Entscheidung an einem Anordnungsgrund fehle, weil er über existenzsichernde Leistungen aufgrund seiner Einkommenssituation verfüge. Darüber hinaus sei auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Wegen der beim Antragsteller bestehenden Aufenthaltsgestattung aufgrund des noch laufenden Asylverfahrens komme allein eine Förderfähigkeit nach § 132 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 SGB III in Betracht, deren Voraussetzungen jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht gegeben seien. Denn die vorausgesetzte prognostische Annahme, dass ein rechtmäßiger dauerhafter Aufenthalt des Antragstellers zu erwarten sei, sei nicht als gegeben anzusehen. Allerdings scheitere dies nicht daran, dass vorliegend bereits der Ausschlusstatbestand des § 132 Abs. 1 Satz 2 SGB III eingreife, weil es sich bei dem Herkunftsland des Antragstellers - A.  - nicht um einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 29a AsylG handele. Die Kammer schließe sich nach vorläufiger Prüfung der Annahme an, dass von der Annahme eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts nur bei Vorliegen einer Gesamtschutzquote von 50 % ausgegangen werden könne und dass insoweit die Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für die entsprechende gerichtlich vollständig zu überprüfende Prognose-Entscheidung eine hinreichende Grundlage darstelle. Diese Gesamtschutzquote liege derzeit deutlich unter 50 %, nämlich bei 36,3 %. In dem Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 2018 stünden 5.586 positiven Entscheidungen 5.534 Ablehnungen und 4.288 sonstige Verfahrenserledigungen gegenüber. Auch aus den konkreten Umständen des Einzelfalles ergebe sich kein anderes Bild. Denn das BAMF habe den Asylantrag des Antragstellers abgelehnt, die hiergegen gerichtete Klage sei derzeit noch anhängig und eine Entscheidung über dieselbe nicht absehbar. Dass gerade im Falle des Antragstellers eine höhere Wahrscheinlichkeit der Anerkennung als Asylberechtigter oder zumindest eines subsidiären Schutzes zu erwarten sei, könne weder erka...

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