Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Beschwerde gegen vorläufige Streitwertfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen eine vorläufige Streitwertfestsetzung findet keine Beschwerde statt.
2. Das Beschwerderecht des Prozessbevollmächtigten gegen die Streitwertfestsetzung ist nicht weitergehend als das des klagenden Mandanten.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 21. Dezember 2010 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers begehrt im Beschwerdeverfahren die Festsetzung eines höheren vorläufigen Streitwertes.
Das Sozialgericht Kiel hat durch Beschluss vom 21. Dezember 2010 in dem Klageverfahren S 14 KA 382/10, dessen Gegenstand höhere Honorare für die Quartale I/09 bis IV/09 sowie die Anfechtung der Mitteilungen der Regelleistungsvolumina/des Gesamtvolumens für die Quartale I/09 bis IV/09 sind, den Streitwert vorläufig auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Genügende tatsächliche Anhaltspunkte für eine genaue Bezifferung des Streitwertes seien nicht vorgetragen worden und auch für das Gericht derzeit nicht ersichtlich (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz ≪GKG≫).
Hiergegen hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit dem am 2. Februar 2011 bei dem Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Sie mache aus eigenem Recht gemäß § 32 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) die Erhöhung des Streitwertes geltend. Hierzu trägt sie unter Hinweis auf die entsprechende, in der Rechtsprechung des OLG Köln und Kommentierungen vertretene Auffassung vor, § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG räume ihr ungeachtet der Tatsache, dass für den Kläger gegen den Beschluss über die vorläufige Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG kein Rechtsmittel gegeben sei, ein Beschwerderecht ein. Sie sei auch an eine vorläufige Streitwertfestsetzung gebunden und dürfe deshalb den Vorschuss gegenüber dem Kläger nur in dieser Höhe anfordern. Es verstoße jedoch gegen ihr Grundrecht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz, sie dazu zu zwingen, einen Vorschuss nach einem aus ihrer Sicht falsch bemessenen Streitwert anzufordern. Ein Fall des § 52 Abs. 2 GKG sei nicht gegeben. Sie habe den in der Klageschrift von ihr zugrunde gelegten Gesamtstreitwert mit 103.671,12 EUR präzise berechnet. Eine genauere Berechnung sei schlechterdings nicht möglich. In mehreren parallel gelagerten, bei dem Sozialgericht Kiel noch anhängigen Verfahren sei ebenfalls nicht der Auffangstreitwert, sondern jeweils der von ihr bezifferte Streitwert zugrunde gelegt worden. Selbst bei Zugrundelegung des Auffangstreitwertes müsste dieser im Hinblick darauf, dass zehn Bescheide angefochten würden, mit 50.000,00 EUR bemessen werden.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Sozialgericht den Streitwert ausdrücklich nicht endgültig, sondern gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG vorläufig festgesetzt. Eine Beschwerde des Klägers selbst hiergegen ist nicht statthaft, worauf die Prozessbevollmächtigte des Klägers zutreffend hinweist. Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG können Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Wertes nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Hier bestände für den Kläger von vornherein keine Beschwer, weil es nicht um eine niedrigere, sondern um eine höhere Festsetzung des vorläufigen Streitwertes geht. Abgesehen davon ist im sozialgerichtlichen Verfahren die Tätigkeit des Gerichts nicht von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig und ein entsprechender Beschluss ist folgerichtig nicht ergangen (vgl. zu der grundsätzlichen Unstatthaftigkeit der Beschwerde des Klägers selbst gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung im sozialgerichtlichen Verfahren LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 3. Dezember 2007 - L 5 KA 3492/07 W-B -, juris, Rn. 18 ff.).
Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung ergibt sich ein Beschwerderecht der Prozessbevollmächtigten des Klägers auch nicht aus § 32 Abs. 2 RVG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann der Rechtsanwalt aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Das betrifft aber nur die Fälle, in denen der Streitwert abschließend festgesetzt worden ist (§ 63 Abs. 2 GKG). Der Senat folgt damit der ganz herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung, wonach aus § 32 Abs. 2 RVG nicht im Sinne eines lex specialis gegenüber § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG eine weitergehende Beschwerdemöglichkeit zugunsten des Prozessbevollmächtigten gegenüber derjenigen seines Mandanten hinsichtlich der vorläufigen Streitwertfestsetzung abgeleitet werden kann. Der Wortlaut des § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG gibt keinen Hinweis auf einen derartigen Regelungsgehalt. Vielmehr ist ganz allgemein geregelt, dass der Rechtsanwalt “Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen„ kann. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift ist dies...