Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertbestimmung. Anknüpfung an die Pflicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen im Statusfeststellungsverfahren auch ohne Beitragsbescheid
Leitsatz (amtlich)
Auch wenn die Statusfeststellung nicht aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV erfolgt und während des Klageverfahrens noch kein Beitragsbescheid erlassen wird, ist es bei der Streitwertbestimmung nach § 52 Abs 1 GKG gerechtfertigt, an die der Statusfeststellung nachgelagerte Pflicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen anzuknüpfen, wenn die angefochtenen Bescheide die Aufforderung beinhalten, die Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu melden und nachzuentrichten und noch während des laufenden Gerichtsverfahrens bezifferte Angaben zum Streitwert gemacht werden.
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 25. Juni 2014 geändert und der Streitwert für das Verfahren S 10 KR 127/11 auf 91.496,82 EUR festgesetzt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Mit der am 7. Juni 2011 (S 10 KR 127/11) erhobenen Klage begehrte der von den Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger, das Regionale Praxisnetz K..., die Aufhebung des Statusfeststellungsbescheides der Beschwerdegegnerin vom 22. April 2010 und des Ergänzungsbescheides vom 11. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2011, mit denen diese den anderslautenden Bescheid vom 15. Oktober 2009 nach §§ 45, 49 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen und nunmehr festgestellt hatte, dass die beim Kläger in der Zeit vom 1. Oktober 1997 bis zum 31. März 2008 als Leitstellenmitarbeiterin tätig gewesene Frau G... M... sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Gleichzeitig hatte die Beklagte den Kläger aufgefordert, bis zum 31. März 2011 die entsprechenden Meldungen zur Sozialversicherung ab dem 1. Oktober 1997 zu übermitteln und Gesamtsozialversicherungsbeiträge ab 1. Dezember 2003 nachzuentrichten. Die Beiträge vor dem 1. Dezember 2003 seien nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bereits verjährt und deshalb nicht nachzuzahlen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt K... laut der Sitzungsniederschrift vom 24. Juni 2014 erklärt, dass nach seinen Kenntnissen hier im Ergebnis Beitragsforderungen in Höhe von etwa 92.000,00 EUR im Raum stehen dürften. Dabei handele es sich lediglich um die letzten vier Jahre, die nicht verjährt seien. Dennoch hat das Sozialgericht nach Abweisung der Klage mit Urteil vom 25. Juni 2014 mit Beschluss vom selben Tag den Streitwert auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Festsetzung des Streitwertes richte sich nach § 63 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz-, und Sozialgerichtsbarkeit sei, soweit nichts anderes bestimmt sei, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Kammer halte es hier für angezeigt, den Streitwert auf den Auffangstreitwert (§ 52 Abs. 2 GKG) festzusetzen. Die Kammer folge insoweit der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 12. November 2008 - L 9 KR 119/08 -, nach der bei grundsätzlichem Streit um das Bestehen von Versicherungspflicht, ohne dass um eine konkrete Beitragsforderung gestritten werde, regelmäßig der Auffangstreitwert anzunehmen sei. Erst wenn dem Streit - anders als im vorliegenden Fall - ein Beitragszeitraum von mindestens 15 Jahren zugrunde liege, sei aufgrund der höheren Bedeutung des Rechtsstreits für die Beteiligten der doppelte Auffangstreitwert anzusetzen.
Gegen den ihnen am 4. Juli 2014 zugestellten Beschluss wenden sich die Beschwerdeführer mit ihrer am 10. Juli 2014 beim Sozialgericht Kiel eingegangenen Beschwerde, mit der sie geltend machen, der vom Sozialgericht festgesetzte Auffangstreitwert stehe in erheblichem Widerspruch zu der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens. Der Wirtschaftsprüfer M... habe gemäß dem als Anlage beigefügten Scheiben vom 21. April 2008 rückständige Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge für die versicherte Frau M… in Höhe von 91.496,82 EUR für die Jahre 2004 bis 2007 errechnet.
Die Beschwerdegegnerin hält den angefochtenen Streitwertbeschluss für zutreffend. Substantiierte Einwände gegen die vom Wirtschaftsprüfer errechnete Beitragsschuld werden von ihr nicht vorgebracht. Die Beschwerdegegnerin überreicht den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 16. November 2015, die bei der Klägerin in der Zeit vom 13. Mai 2015 bis 3. Juli 2015 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 SGB IV durchgeführt und für die Versicherte G... M... nachzuentrichtende Gesamtsozialversicherungsbeiträge im streitbefangenen Zeitraum vom 1. Dezember 2003 bis 31. März 2008 in Höhe von insgesamt 93.799,06 EUR ermittelt hat.
Das Sozialgericht hat de...