Leitsatz (amtlich)
Die Ablehnung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in die Klagefrist ist nicht im Beschlusswege möglich.
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts vom 17. Juni 2022 aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Streitig ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, ob dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu gewähren ist.
Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Zusicherung für die Übernahme von Umzugskosten und einer Mietkaution mit Bescheid vom 9. März 2018 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2019 zurück.
Der Kläger hat am 7. Februar 2019 bei dem Sozialgericht Schleswig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten beantragt. Dem Antrag ist ein Klageentwurf beigefügt worden. Hiernach begehrt der Kläger die Erstattung von Umzugskosten in Höhe von 630,70 EUR sowie die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 100,00 EUR für die Mietkaution. Das Verfahren ist unter dem Az. S 15 SO 13/19 PKH geführt worden. Nachdem die seinerzeitige Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Gericht am 19. Oktober 2020 die Niederlegung des Mandates angezeigt hatte, hat seine aktuelle Prozessbevollmächtigte am 24. November 2020 erklärt, dass sie das Mandat übernommen habe. Sie hat sogleich Akteneinsicht, u.a. in die Gerichtsakte, beantragt. Das Sozialgericht hat Einsicht in die Verwaltungsakten des Beklagten gewährt. Ein Hinweis der Prozessbevollmächtigten darauf, dass die Gerichtsakte bisher nicht übersandt worden sei, ist nicht erfolgt.
Das Sozialgericht hat dem Kläger mit Beschluss vom 28. Mai 2021 Prozesskostenhilfe bewilligt und seine aktuelle Prozessbevollmächtigte beigeordnet. Der Beschluss ist der Prozessbevollmächtigten am 2. Juni 2021 zugegangen. Das Verfahren ist nachfolgend unter dem Az. S 15 SO 13/19 weitergeführt worden. Gleichwohl hat der Kläger über seine Bevollmächtigte zunächst keine unbedingte Klage erhoben. Auf einen rechtlichen Hinweis des Sozialgerichts vom 5. Januar 2022 unter Verweis auf die verstrichene Frist von § 67 SGG und Anhörung der Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid mit Verfügung vom 7. Januar 2022 hat die Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 18. Januar 2022 Stellung genommen. Sie habe aufgrund der fehlenden Akteneinsicht in die Gerichtsakte - trotz deren Beantragung - keine Kenntnis von einer bedingten PKH-Klageerhebung erhalten. Erst mit dem Hinweis des Gerichts vom 5. Januar 2022 habe sie Kenntnis hiervon erhalten.
Sie hat beantragt,
dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG zu gewähren und die Klage als unbedingt erhoben anzusehen.
Nachdem das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2022 wegen verfristeter Klageerhebung als unzulässig verworfen hatte, hat der Kläger die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2022 hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG nicht im Rahmen des Gerichtsbescheides hätte konkludent abgelehnt werden dürfen. Es hätte vielmehr ein separater Beschluss ergehen müssen, gegen den auch das Rechtsmittel der Beschwerde bei Ablehnung zulässig sei.
Sodann hat das Sozialgericht den Wiedereinsetzungsantrag mit Beschluss vom 17. Juni 2022 abgelehnt. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Gründe des Beschlusses verwiesen.
Der Kläger hat gegen diesen ihm am 20. Juni 2022 zugestellten Beschluss am 14. Juli 2022 Beschwerde erhoben und sein Vorbringen im Zusammenhang mit dem Wiedereinsetzungsantrag vom 18. Januar 2022 wiederholt.
Der Kläger beantragt,
dem Kläger unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG zu gewähren.
Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens und der Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht erhoben worden (§ 173 SGG). Sie ist statthaft, da die angegriffene Entscheidung weder nach § 172 Abs. 2 SGG als prozessleitende Verfügung unanfechtbar noch die Beschwerde nach § 172 Abs. 3 SGG ausgeschlossen ist.
Die Beschwerde ist insoweit begründet, als der Kläger die Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts begehrt. Soweit er darüber hinaus die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses hat zu erfolgen, da das Sozialgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unzulässig in der Entscheidungsform des Beschlusses abgelehnt hat. Es hat insofern verkannt, dass bei der Entscheidung über die Ablehnung der Wiedereinsetzung gemäß § 202 Satz 1 SGG ...