Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermächtigung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit. Zweigpraxis. Residenzpflicht. Vertragsarztsitz. Wohnsitz. Entfernung. Nachsorge. Angestellter Arzt. Verbesserung der Versorgung. Regelungsanordnung. Wirtschaftliche Nachteile
Leitsatz (redaktionell)
Ist offen, ob der Antragsteller Anspruch auf eine Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigpraxis hat, ist regelmäßig die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Eine vorläufige Genehmigung im Wege der einstweiligen Anordnung kommt zumeist nicht in Betracht.
Normenkette
GG Art. 12; ZahnärzteZV § 24 Abs. 3; ZahnärzteZV § 32b Abs. 1 S. 1; MBO-Zahnärzte § 9 Abs. 2; BMV-Z § 6 Abs. 2; BMV-Z § 6 Abs 6 S. 7; SGB V § 95 Abs. 1 S. 7, Abs. 9 S. 1; SGG § 86b Abs. 2 S. 2
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 18. März 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 3).
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die vorläufige Ermächtigung zur Ausübung seiner vertragszahnärztlichen Tätigkeit an einem weiteren Ort in Zweigpraxis.
Der Antragsteller ist Zahnarzt und Mund-Kiefer-Gesichts- (MKG)Chirurg und in Gemeinschaftspraxis mit seiner Ehefrau mit Niederlassung in S im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1) zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Im August 2007 beantragte er bei der Beigeladenen zu 2) die Erteilung einer Ermächtigung zur vertragzahnsärztlichen Versorgung in Zweigpraxis als MKG-Chirurg in , L , in Praxisgemeinschaft mit der Zahnärztin K. Die Beigeladene zu 1) machte im Rahmen der Anhörung dagegen geltend, es sei nicht klar, wie der Antragsteller die Patientenversorgung am Vertragszahnarztsitz sicherstellen wolle, wenn er in der geplanten Zweigniederlassung auf Sylt in 650 km Entfernung tätig sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) genüge der Zahnarzt seiner Residenzpflicht nur dann, wenn er seine Praxis regelmäßig innerhalb von etwa 30 Minuten erreichen könne. Für chirurgisch behandelte Patienten sei die Zeitspanne eher noch enger zu fassen. Die mit dem Antragsteller in Gemeinschaftspraxis tätige Ehefrau sei Kieferorthopädin. Der Antragsteller teilte daraufhin mit, die geplante Tätigkeit in La werde auf ca. drei Tage im Monat beschränkt bleiben. An den Tagen der Abwesenheit könne in Thüringen nicht operiert werden, so dass es auch keiner Zuständigkeit für operierte Patienten bedürfe. Die Nachsorge finde auch ansonsten üblicherweise beim Hauszahnarzt statt. Im Fachgebiet der MKG-Chirurgie seien 99 % aller Operationen planbare Eingriffe, so dass drei OP-freie Tage im Monat einzurichten seien.
Mit Bescheid vom 19. September 2007 ermächtigte der Zulassungsausschuss für Zahnärzte, Zulassungsbezirk Schleswig-Hol¬stein, den Antragsteller zur Ausübung vertragszahnärztlicher Tätigkeit in Zweigpraxis für La /Kreis Nordfriesland ab 1. Oktober 2007 verbunden mit der Auflage, dass die vertragszahnärztliche Tätigkeit in der Zweigpraxis ein Drittel der Zeit der vertragszahnärztlichen Tätigkeit an dem Vertragszahnarztsitz nicht überschreiten dürfe. Die Voraussetzungen einer Ermächtigung gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 Zahnärzte-ZV seien gegeben. Durch die Genehmigung der Zweigpraxis werde die zahnärztliche Versorgung der Versicherten in La /Kreis Nordfriesland verbessert. Da sich nach der Erklärung des Antragstellers die geplante Tätigkeit in La auf ca. drei Tage im Monat beschränken werde, sei die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Vertragszahnarztsitz in S nicht beeinträchtigt.
Hiergegen erhob die Beigeladene zu 1) Widerspruch. Zwar gehe der Bundesmantelvertrag davon aus, dass regelmäßig eine Beeinträchtigung der vertragsärztlichen Versorgung am Vertragszahnarztsitz nicht vorliege, wenn die vertragszahnärztliche Tätigkeit ein Drittel der Zeit in der Vertragszahnarztpraxis nicht überschreite. Von einem solchen Regelfall sei vorliegend im Hinblick auf die Entfernung zwischen dem Vertragszahnarztsitz in S , Thüringen, und der Zweigniederlassung auf Sylt von ca. 650 km jedoch gerade nicht auszugehen. Dies gelte insbesondere für die chirurgische Behandlung von Patienten. Im Quartal II/07 habe der Antragsteller in 32 Fällen außerhalb der Sprechstunde in Anspruch genommen werden müssen. Er beschäftige auch keinen Angestellten oder Assistenten, der auf dem Gebiet der Kieferchirurgie tätig sei. Seine Ehefrau, mit der er die Gemeinschaftspraxis in S betreibe, sei als Kieferorthopädin tätig. Ein Verweis auf den organisierten Notfallvertretungsdienst sei bei der Prüfung der Frage, ob am Vertragszahnarztsitz eine Verschlechterung einträte, unzulässig. Ein Drittel der Zeit in der Zweigpraxis würde bedeuten, dass der Antragsteller bezogen auf ein Jahr seinen Patienten maximal vier Monate nicht zur Verfügung stehe bzw. bezogen auf einen Monat etwas mehr als eine Woche.
Der Antragsteller erwiderte im Wesentlichen: Di...