Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung für einen ärztlichen Befundbericht
Leitsatz (amtlich)
1. Was ein umfangreicher Befundbericht ist, orientiert sich nicht nur an der Zeilen- oder Seitenzahl. Entscheidend ist der Arbeitsaufwand, den der Arzt mit der Berichterstellung hatte.
2. Kriterien für den geleisteten Arbeitsaufwand können sein: Ausführlichkeit; Schwierigkeit der Befundzusammenstellung; Vielzahl der eigenen, fremden oder fachübergreifenden Befunde; Vielzahl der technischen oder labortechnischen Befunde; langes, komplexes Krankheitsbild; gestraffte Form der Darstellung.
3. Die inhaltliche Qualität des Berichts und die Spezialisierung des berichtenden Arztes sind unbeachtlich, ebenso Arbeiten, die vom Auftrag nicht gedeckt waren.
Orientierungssatz
1. Das Gericht ist im Festsetzungsverfahren nach § 4 JVEG nicht an die Feststellungen des Kostenbeamten gebunden. Damit gilt das Verböserungsverbot nicht.
2. Für einen ärztlichen Behandlungs- und Befundbericht mit kurzer gutachtlicher Äußerung ist eine Vergütung bis zu 38.- €. angemessen. Eine Vergütung von mehr als 38.- €. setzt eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung voraus.
3. Nur eine erbrachte Leistung, die das gewöhnliche Maß ganz erheblich überschreitet, ist bis zu dem Höchstsatz von 75.- €. zu vergüten. Eine darüber hinausgehende Vergütung kann durch das Gericht nicht festgesetzt werden.
Tenor
Die Vergütung des Antragstellers wird auf 71,90 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller erstattete nach schriftlicher Aufforderung und nach telefonischer Rücksprache mit dem Senatsvorsitzenden in freier Form den Behandlungs- und Befundbericht vom 28. August 2008. Der Bericht umfasste 2,5 Seiten und bezog sich auf zwei stationäre Behandlungen sowie die ambulante Nachsorge eines türkisch-stämmigen Klägers, der an erheblichen neurologisch-psychiatrischen Gesundheitsstörungen litt. Der Bericht schloss mit einer gutachtlichen Aussage zur Teilnahme am Arbeitsleben.
Nachdem die Kostenbeamtin dem Antragsteller eine Vergütung von 50,00 EUR und 0,90 EUR Porto zugestanden hatte, beantragte dieser die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 JVEG. Hierzu nahm der Kostenprüfungsbeamte des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts am 11. November 2008 Stellung. Er schlug eine Vergütung von 44,90 EUR vor, weil die Tätigkeit des Antragstellers nicht außergewöhnlich umfangreich gewesen sei. Deshalb sei der Bericht mit 38,00 EUR und Porto sowie Schreibaufwand nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JVEG mit insgesamt 6,90 EUR zu vergüten. Hierzu äußerte sich der Antragsteller am 29. November 2008. Auf den Schriftwechsel wird verwiesen.
Der Antragsteller ist mit 71,90 EUR zu vergüten.
Der Senat ist im Verfahren nach § 4 JVEG nicht an die Feststellungen der Kostenbeamtin und des Kostenprüfungsbeamten gebunden. Deren Abrechnungen sind hinfällig, wenn der Antragsteller - wie hier - den Antrag auf gerichtliche Festsetzung stellt. Dieser Antrag ist kein Rechtsbehelf gegen die Feststellungen der Kostenbeamtin und des Kostenprüfungsbeamten. Mit dem Antrag geht die funktionelle Zuständigkeit für die Festsetzung auf das Gericht über. Konsequenterweise gilt dann das so genannte Verböserungsverbot nicht (herrschende Meinung: LSG Hamburg, NJW 64, 1243; BGH NJW 69, 556; LSG Baden-Württemberg, Der Rechtspfleger 74, 374; Landesarbeitsgericht Hamm, Juristisches Büro 76, 491; OLG Karlsruhe, Juristisches Büro 88, 390). Dieses Rechtsproblem braucht der Senat indessen nicht zu vertiefen, da er einen höheren Betrag als in den Vergütungsabrechnungen vom 18. September und 11. November 2008 festsetzt. Das hat folgende Gründe:
Die Vergütung für einen Behandlungs- und Befundbericht ist in § 10 JVEG und in der Anlage 2 zu dieser Vorschrift geregelt. Da die kurze gutachtliche Äußerung des Antragstellers nachträglich vom Senat gebilligt worden ist, ist der Bericht mit 38,00 EUR zu vergüten (Nr. 202). Nur dann, wenn die Leistung außergewöhnlich umfangreich ist, kann die Vergütung bis zu 75,00 EUR ausmachen (Nr. 203). Nach der Systematik dieser Vorschriften setzt eine Vergütung von mehr als 38,00 EUR schon eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung voraus. Das heißt, die erbrachten Leistungen müssen das gewöhnliche Maß ganz erheblich überschreiten. Danach ist weiter abzustufen, bis dann mit einem extrem umfangreichen Bericht die Höchstvergütung von 75,00 EUR erreicht ist.
Der Begriff “umfangreich„ ist dabei nicht nur nach der Zeilen- oder Seitenzahl zu bestimmen. Da es in § 10 und der Anlage 2 um die Vergütung von Leistungen geht, kommt es auf das Ausmaß der Arbeit an, die der Arzt mit der Berichterstattung hat. Diese Arbeit ist von Fall zu Fall verschieden. Die Rechtsprechung hat aber Kriterien entwickelt, an Hand derer der Arbeitsaufwand bestimmt werden kann. Solche Kriterien sind die Ausführlichkeit der Beschreibungen und die Schwierigkeit, die berichtenswerten Befunde zusammenzustellen. Diese Arbeiten können mit einem besonders hohen Zeitaufwand verbunden sein, wenn z. B. fachübergreifend eine Vielzahl eigener und ...