Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. fehlerhafte PKH-Gewährung ohne Ratenzahlung. keine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse. richtige Angaben des Antragstellers. keine nachträgliche Korrektur mangels Rechtsgrundlage

 

Leitsatz (amtlich)

War einem Kläger zu Unrecht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden, weil das Gericht dessen Bedürftigkeit trotz richtiger Angaben fehlerhaft beurteilt hatte und haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht wesentlich gebessert, kann diese Entscheidung nicht nachträglich in eine solche mit Ratenzahlung geändert werden.

 

Orientierungssatz

War einem Kläger zu Unrecht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden, weil das Gericht dessen Bedürftigkeit trotz richtiger Angaben fehlerhaft beurteilt hatte und haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht wesentlich gebessert, kann diese Entscheidung nicht nachträglich in eine solche mit Ratenzahlung geändert werden.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 12. Juni 2008 wird aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Änderung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung in eine solche mit Ratenzahlung.

Im hier zugrunde liegenden Klageverfahren war der Beschwerdeführerin mit Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 10. November 2005 PKH ohne Ratenzahlung bewilligt worden. Seinerzeit hatte die Beschwerdeführerin in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 20. Juni 2005 als monatliche Einkünfte angegeben, sie erhalte Unterhaltszahlungen in Höhe von 300,00 EUR, Arbeitslosengeld II in Höhe von 345,00 EUR und Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 240,00 EUR. Als Wohnkosten gab sie 240,00 EUR an.

Nach Abschluss des Klageverfahrens wurden der beigeordneten Prozessbevollmächtigten 545,20 € aus der Staatskasse gezahlt.

Nach Beendigung des Berufungsverfahrens teilte das Sozialgericht der Beschwerdeführerin mit, es sei zu prüfen, ob eine Ratenzahlungsverpflichtung zur Prozesskostenbewilligung wegen Veränderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse anzuordnen sei. Nach der von der Beschwerdeführerin daraufhin ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bezieht die Beschwerdeführerin nunmehr monatlich eine Altersrente in Höhe von 605,57 EUR. Ferner erhält sie Unterhalt in Höhe von monatlich 200,00 EUR. Als Wohnkosten sind angegeben: Nettomiete 250,00 EUR, Nebenkosten 90,00 EUR.

Mit Beschluss vom 12. Juni 2008 hob das Sozialgericht Kiel den Beschluss vom 10. November 2005 auf und ordnete an, die Beschwerdeführerin habe die von der Landeskasse im Rahmen der PKH übernommenen außergerichtlichen Kosten in monatlichen Raten von 30,00 EUR, beginnend mit dem 1. Juli 2008, bis zu einer Gesamthöhe von 545,20 EUR aus ihrem Einkommen zu erstatte.

Gegen diesen der Beschwerdeführerin am 18. Juni 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 17. Juli 2008 eingelegte Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, ihre Einkommensverhältnisse hätten sich auf keinen Fall positiv entwickelt. Das führt sie im Einzelnen näher aus und weist auf weitere zusätzliche laufende Ausgaben hin.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Sozialgericht zu Unrecht den die PKH ohne Ratenzahlung bewilligenden Beschluss geändert und die Beschwerdeführerin verpflichtet, der Landeskasse die außergerichtlichen Kosten in monatlichen Raten von 30,00 EUR zu erstatten. Für eine solche nachträgliche Änderung der PKH-Bewilligung fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

Zu Unrecht stützt das Sozialgericht seine Entscheidung auf § 120 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann das Gericht die PKH-Entscheidung hinsichtlich der zu leistenden Zahlungen u. a. dann ändern, wenn sich die für die PKH maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Das war bei der Beschwerdeführerin nicht der Fall.

Zwar ist § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO über seinen Wortlaut hinaus auch dann anwendbar, wenn die PKH-Bewilligung - wie hier - ohne Ratenzahlung erfolgte und sich anschließend die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei/des Beteiligten wesentlich verbessern (vgl. Philippi in Zöller, ZPO, 26. Aufl., Rdnrn. 20 und 23 zu § 120, Reichhold in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., Rdnr. 12 zu § 120). Voraussetzung ist aber nach dem eindeutigen Gesetzesinhalt, dass eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Zu vergleichen ist die Einkommens- und Vermögenssituation, wie sie bei der Bewilligung der PKH vorgelegen hat, mit derjenigen, die im Zeitpunkt der Änderung besteht. Dabei ist nur die Änderung von Relevanz, die nach der Bewilligung der PKH eingetreten ist. Nicht von § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO erfasst sind die Fälle, in denen das Gericht die bei der Bewilligung objekt...

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