Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Terminsgebühr. keine Berücksichtigung geringfügiger Wartezeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Bestimmung der Terminsgebühr aus Nr 3106 VV-RVG sind Wartezeiten jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn die Verhandlung nur geringfügig später als zu dem terminierten Zeitpunkt beginnt.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 11. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der anwaltlichen Vergütung. Der Beschwerdeführer war den Klägern (eine Bedarfsgemeinschaft mit drei Personen) in dem Klageverfahren S 37 AS 1777/12 vor dem Sozialgericht Kiel im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden. Die Klage war am 8. November 2010 unter Hinweis auf die Begründung im Widerspruchsverfahren erhoben worden. Die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2013, in dem ein weiteres Verfahren der gleichen Beteiligten verhandelt wurde, endete mit einem teilzusprechenden Urteil und dauerte von 9.15 Uhr bis 10. 44 Uhr.

In seiner Kostenrechnung vom 22./26. März 2013 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung von 878,82 EUR für das Klageverfahren, und zwar

Verfahrensgebühr

Nr. 3103 VV-RVG

245,00 EUR

Terminsgebühr

Nr. 3106 VV-RVG

300,00 EUR

Mehrvertretungsgebühr

Nr. 1008 VV-RVG

147,00 EUR

Dokumentenpauschale

Nr. 7000 VV-RVG

  26,50 EUR

Postpauschale

Nr. 7002 VV-RVG

  20,00 EUR

Umsatzsteuer

   140,32 EUR

Endbetrag

878,82 EUR.

Zur Begründung ergänzte der Beschwerdeführer seinen Antrag dahin, dass die Sache sehr aufwändig gewesen sei und rechtliche Probleme enthalten habe, so dass von einem überdurchschnittlichen Aufwand und von einem mehr als durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad auszugehen sei. Hingegen sei die Verfahrensdauer relativ lang gewesen und der Termin mit 1,5 Stunden überdurchschnittlich.

Mit Festsetzungsbeschluss vom 5. April 2013 reduzierte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den beantragten Betrag auf

Verfahrensgebühr

Nr. 3013/1008 VV-RVG

272,00 EUR

Terminsgebühr/fiktive Terminsgebühr

Nr. 3106 VV-RVG

200,00 EUR

Auslagenpauschale

Nr. 7001, 7002 VV-RVG

  20,00 EUR

Umsatzsteuer

Nr. 7008 VV-RVG

  93,48 EUR

Gesamtbetrag

585,48 EUR.

Zur Begründung führte sie aus, die Kürzung ergebe sich daraus, dass die Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr festzusetzen sei, da der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit durchschnittlich, die rechtliche Schwierigkeit wegen der vielen streitgegenständlichen Bescheide überdurchschnittlich, die Bedeutung ebenfalls überdurchschnittlich, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse jedoch deutlich unterdurchschnittlich zu bewerten seien. Die Terminsgebühr sei ebenfalls mit der Mittelgebühr festzusetzen, da der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit aufgrund der Terminsdauer von 89 Minuten für zwei Verfahren durchschnittlich und die Schwierigkeit unterdurchschnittlich gewesen sei. Es sei lediglich die Sach- und Rechtslage erörtert worden und eine Beweisaufnahme habe nicht stattgefunden. Bedeutung und Einkommensverhältnisse verhielten sich wie bei der Verfahrensgebühr. Die Dokumentenpauschale sei abzusetzen, da die Kopien vor der bewilligten Prozesskostenhilfe gefertigt worden seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Erinnerung des Beschwerdeführers mit der Begründung, dass bei einer Auseinandersetzung mit einem so hohen Anfall von Bescheiden von einem überdurchschnittlichen Aufwand und überdurchschnittlicher Schwierigkeit auszugehen sei. Gleiches gelte für die Vorbereitung des Termins. Nicht berücksichtigt worden sei auch die Wartezeit vor dem Termin.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 die Erinnerung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, in dem zugrundeliegenden Rechtsstreit sei es um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Rücknahme und Erstattung) gegangen. Ausgangspunkt für die Bemessung der Gebühr sei der Durchschnittsfall, welcher die Mittelgebühr rechtfertige. Hier stelle sich der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit unter Berücksichtigung der Anmerkung zu Nr. 3103 VV-RVG a. F. im Ergebnis als durchschnittlich dar, ebenso wie die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Die Bedeutung sei überdurchschnittlich, die Einkommensverhältnisse seien deutlich unterdurchschnittlich. Damit sei die Mittelgebühr billig. Gleiches gelte für die Terminsgebühr. Wartezeiten des Rechtsanwalts seien nicht zu berücksichtigen, da die Terminsgebühr mit der Eröffnung des Termins entstehe und beginne. Die Schwierigkeit sei als durchschnittlich anzusetzen, die Bedeutung überdurchschnittlich und die wirtschaftlichen Verhältnisse deutlich unterdurchschnittlich.

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 19. Dezember 2014. Die Bewertung des Sozialgerichts nach dem so genannten Kieler Kostenkästchen sei fehlerhaft, weil Fälle dort nach dem SGB II als unterdurchschnittlich schwieri...

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