Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Aufsichtsklage. einstweiliger Rechtsschutz. Feststellung der aufschiebenden Wirkung gem § 86b SGG
Leitsatz (amtlich)
1.Bei einer rechtswidrigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes stellt das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage deklaratorisch fest.
2.Wendet sich eine Krankenkasse mit einer Klage gegen die Mitteilung einer Aufsichtsbehörde, in der sie über einen Wechsel der zuständigen Aufsichtsbehörde unterrichtet und gleichzeitig ua aufgefordert wird, diverse Unterlagen vorzulegen, so hat diese Klage aufschiebende Wirkung.
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage der Antragstellerin vom 10. Februar 2011 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (L 5 KR 14/11 KL) gegen die Anordnung der Antragsgegnerin vom 1. Februar 2011 aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die antragstellende I.-krankenkasse N. mit Sitz in L., S.-H., erhielt von der Antragsgegnerin unter dem Datum 1. Februar 2011 die Mitteilung, dass nach der gemeinsamen Auffassung des Beigeladenen und der Antragsgegnerin die Antragstellerin ein bundesunmittelbarer Sozialversicherungsträger im Sinne von Art. 87 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) sei. Die Antragsgegnerin übernehme die Aufsicht über die Antragstellerin mit sofortiger Wirkung und bitte um die Vorlage diverser Unterlagen bzw. Mitteilung diverser Angaben. Diese werden anschließend im Einzelnen aufgeführt. Unter Punkt III. Satzung heißt es: “Bei nächster Gelegenheit bitten wir, § 1 Absatz 4 der Satzung um die Länder Niedersachsen und Hamburg zu erweitern. Außerdem wären ggf. in einer Anlage zur Satzung die Trägerinnungen sowie die Erstreckung auf die jeweiligen Bundesländer aufzulisten. Gemäß § 173 Absatz 2 Satz 2 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) muss sich aus der Satzung der IKK N. die Zuständigkeit für die Betriebe ergeben, von denen gemäß § 173 Absatz 2 Nr. 4 SGB V - abgestellt auf die Gebiete der Länder - das Satzungswahlrecht abgeleitet wird. Eine entsprechende Regelung hat in der Satzung zu erfolgen, so dass diese zu konkretisieren wäre.„
Mit ihrer am 10. Februar 2011 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhobenen Klage wendet sich die Antragstellerin gegen die Feststellung der Antragsgegnerin, sie, die Antragstellerin, sei ein bundesunmittelbarer Sozialversicherungsträger und die Aufsicht über sie gehe auf die Antragsgegnerin über. In ihren weiteren Ausführungen geht die Antragstellerin davon aus, dass es sich bei dem Schreiben vom 1. Februar 2011 um einen Verwaltungsakt handelt und begründet dies näher. Sollte, so die Antragstellerin, das Gericht das Schreiben nicht als Verwaltungsakt qualifizieren, werde lediglich um die Feststellung gebeten, dass sie eine landesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts sei. Umfassend trägt die Antragstellerin anschließend dazu vor, warum ihrer Auffassung nach der Verwaltungsakt aus mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft sei, so u. a., weil ihm einzelne notwendige Bestandteile eines Verwaltungsaktes fehlten und im Übrigen keine Veränderung des Sachverhaltes dergestalt vorliege, dass es zu einer Änderung der Zuständigkeit der Aufsicht gekommen sei.
Nachdem das beigeladene Sozialministerium des Landes Schleswig-Holstein der Antragstellern mit E-Mail vom 3. März 2011 mitgeteilt hat, eine Anfrage zu einer Satzungsänderung sei an die zuständige Aufsichtsbehörde, die Antragsgegnerin, weitergeleitet worden und sämtliche weiteren Vorgänge, die die Antragstellerin beträfen, würden an die Antragsgegnerin geleitet, beantragt die Antragstellerin am 14. März 2011 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht die Feststellung, dass ihre Klage vom 10. Februar 2011 gegen den Verwaltungsakt der Antragsgegnerin vom 1. Februar 2011 aufschiebende Wirkung hat. Die Anordnung sei auszusprechen, weil die Antragsgegnerin die aufschiebende Wirkung offensichtlich missachte. Sollte der Senat den angegriffenen Verwaltungsakt nicht als solchen betrachten, werde hilfsweise eine einstweilige Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt. Ein besonderes Interesse an der Feststellung habe sie u. a. deshalb, weil sie anderweitig gar nicht in der Lage sei, ihren gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber der Aufsicht zu genügen. So müssten im Zweifel Übermittlungen von Daten verweigert werden, um nicht selbst gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen zu verstoßen. Im Übrigen zeige weiterer Schriftwechsel der Antragsgegnerin, dass der Wechsel der Aufsichtszuständigkeit nicht auf der Grundlage einer validen Sachverhaltsermittlung und umfassenden rechtlichen Bewertung getroffen worden sei.
Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung der Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz. Sie, die Antragsgegnerin, und der Beigeladene gingen übereinstimmend davon aus, dass die Überprüfung des Erstreckungsbereichs der Antragstellerin als Ergebnis deren Bundesunmittelbarkeit ergeben hab...