Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit der Beschwerde nach § 4 Abs 3 JVEG: keine Fristenbindung. Nichtgeltung des § 173 S 1 SGG
Leitsatz (amtlich)
Die Beschwerde nach § 4 Abs 3 JVEG ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren nicht fristgebunden. Die Monatsfrist des § 173 S 1 SGG gilt nicht.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 20. November 2014 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Erstattung von Fahrkosten betreffend ihre Hin- und Rückfahrt zum Gutachter sowie zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. April 2014.
In dem beim Sozialgericht Lübeck unter dem Aktenzeichen S 20 U 64/11 geführten Rechtsstreit der Antragstellerin war auf den 29. April 2014 eine mündliche Verhandlung terminiert worden; das persönliche Erscheinen der Antragstellerin war dazu angeordnet worden. In dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Januar 2014 war die Antragstellerin darauf hingewiesen worden, dass ihr notwendige Aufwendungen für die Wahrnehmung des Termins erstattet würden, wobei - dieser Hinweis erfolgte hervorgehoben durch Fettdruck - der Antrag auf Entschädigung innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Beendigung der Zuziehung bei Gericht eingegangen sein müsse, weil sonst der Anspruch erlösche. Außerdem war ein medizinischer Sachverständiger geladen worden.
Auf entsprechenden Antrag der Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten bewilligte das Sozialgericht mit Schreiben vom 19. Februar 2014, dass die Kosten für An- und Abreise der Antragstellerin zur Begutachtung bei dem geladenen Sachverständigen M___ per Taxi von der Landeskasse übernommen werden.
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 29. Juli 2014, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht am 31. Juli 2014, die Erstattung der Kosten der Fahrten mit dem Taxi zum Gutachter und zum Sozialgericht in Höhe von 353,40 EUR beantragt und entsprechende Belege vorgelegt. Der Kostenerstattungsantrag wurde durch den Kostenbeamten des Sozialgerichts mit Schreiben vom 5. August 2014 abgelehnt, weil der Antrag auf Entschädigung am 31. Juli 2014 beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht außerhalb der 3 Monats Frist eingegangen und damit der Anspruch erloschen sei. Die Antragstellerin hat daraufhin am 8. September 2014 die richterliche Festsetzung mit der Begründung beantragt, dass sie den Antrag beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht termingerecht eingereicht habe. Sie sei dringend auf das Geld angewiesen.
Der Kostenprüfungsbeamte bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht hat die Entscheidung des Kostenbeamten für zutreffend gehalten, weil die Dreimonatsfrist nicht eingehalten worden sei. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe die Antragstellerin nicht vorgetragen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 20. November 2014 den Antrag abgelehnt, weil die Antragstellerin die Dreimonatsfrist nicht eingehalten habe.
Gegen den ihr am 25. November 2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 18. März 2015 beim Sozialgericht Lübeck eingegangene Beschwerde der Antragstellerin, ihr die beantragten 353,40 EUR zu überweisen. Mit ihrem Schreiben vom 1. September 2014 habe sie bewiesen, dass das Gericht sich mit der Behauptung irre, die Unterlagen seien nicht rechtzeitig übersandt worden. Die Krankenkasse habe ihr noch nie ein zeitliches Limit für die Vorlage von Taxigebühren gesetzt. Die zwei Tage seien dadurch entstanden, dass ihr der Taxifahrer bewusst keine Quittung ausgehändigt habe.
Der Kostenprüfungsbeamte bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
II.
Der Senat entscheidet nach § 4 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 JVEG durch den Einzelrichter.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere fristgerecht. Die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Beschluss mit einer dort aufgeführten Beschwerdefrist von einem Monat verkennt, dass die Beschwerde nach § 4 Abs. 3 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) unbefristet ist (so Bayerisches LSG vom 21. Dezember 2011 - L 15 SF 208/10 B E; Hartmann, Kostengesetze, § 4 JVEG Rz. 26; Schneider, JVEG-Kommentar, § 4 Rz. 44). Die gegenteilige Auffassung (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. September 2009 - L 6 R 303/09 B), wonach die Monatsfrist des § 173 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) insoweit heranzuziehen sei, überzeugt nicht. Für eine Fristungebundenheit der Beschwerde spricht vielmehr die Gesetzesentstehung des § 4 Abs. 3 JVEG. So galt nach § 16 Abs. 2 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, der Vorgängerregelung des § 4 Abs. 3 JVEG, nach Satz 3 ausdrücklich die Fristungebundenheit der Beschwerde. Irgendwelche Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung diese Fristungebundenheit abschaffen wollte, sind nicht ersichtlich. Zudem sieht auch § 66 des Gerichtskostengesetzes (GKG) eine Besc...