Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Bedürftigkeit. Billigkeit. Ehegatteneinkommen. Entscheidungsreife. hinreichende Erfolgsaussicht. Prozesskostenvorschussanspruch. Ratenzahlung
Leitsatz (amtlich)
1. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe (PKH) ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidungsreife, dh derjenige, in dem alle für die Entscheidung über den Antrag erforderlichen Tatsachen aus den Akten und/oder dem Vortrag der Antragstellerin zu entnehmen sind.
2. Es widerspricht Sinn und Zweck des Instituts der PKH, wenn das Gericht trotz Entscheidungsreife den zu fassenden Beschluss über die Gewährung von PKH bis zum Abschluss der für notwendig erachteten Beweisaufnahme zurückstellt und dann die Bewilligung von PKH unter Bezugnahme auf das die Klage nicht stützende Beweisergebnis ablehnt.
3. Für die Beurteilung der Bedürftigkeit der Antragstellerin ist deren Vermögen zu berücksichtigen, soweit dieses verwertbar ist. Dazu zählt auch ein unterhaltsrechtlicher Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Ehegatten. Ein solcher setzt die Leistungsfähigkeit des Ehegatten voraus, die pauschaliert zu prüfen ist. Sie entfällt, wenn der Ehegatte, würde er den Prozess selbst führen, Anspruch auf PKH hätte.
4. Verbleibt vom Nettoeinkommen des Ehegatten nach Abzug der laufenden Kosten der Lebensführung, des sogenannten großen Selbstbehalts iS der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des örtlich zuständigen Oberlandesgerichts sowie des in § 115 Abs 1 S 4 ZPO aufgeführten Freibetrages ein Betrag, der die Bewilligung von PKH nur gegen Ratenzahlung zulässt, so ist auch der Antragstellerin PKH nur gegen eine solche Ratenzahlung zu gewähren, wenn deren monatliche Höhe der Billigkeit iS von § 1360a Abs 4 BGB entspricht.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 04 Juli 2001 wird aufgehoben.
Der Klägerin wird für den vor dem Sozialgericht Itzehoe unter dem Aktenzeichen S 2 RA 147 /00 geführten Rechtsstreit ab 24. Januar 2001 Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin ___ , gewährt.
Die monatlichen Raten werden auf DM 90,-- ( ¤ 45,-- ) festgesetzt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Am 24. Januar 2001 hat die Klägerin für den vor dem Sozialgericht Itzehoe seit dem 28. Dezember 2000 geführten Rechtsstreit, in dem sie die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begehrt, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Das Sozialgericht hat am 26. Februar 2001 beschlossen, ein psychiatrisches Gutachten über die Leistungsfähigkeit der Klägerin einzuholen. Nachdem dieses Gutachten am 07. Mai 2001 eingegangen war, hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 04. Juli 2001 die Gewährung von PKH abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Die Klägerin sei nach dem Beweisergebnis weder erwerbs- noch berufsunfähig.
Mit ihrer fristgerecht eingelegten Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Verneinung der Erfolgsaussicht der Klage und beanstandet insbesondere die unzureichende Sachaufklärung durch das Sozialgericht und Mängel bei der Erhebung der Vorgeschichte durch die Sachverständige.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bewilligung von PKH mit Ratenzahlung. Hierfür liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor.
Nach den §§ 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 Zivilprozessordnung (ZPO) hat eine Klägerin Anspruch auf PKH, wenn sie die Kosten der Prozessführung nicht oder nur in Raten aufbringen kann, also bedürftig ist, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Letzteres ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichts der Fall. Für die Bejahung einer Erfolgsaussicht ist keine Erfolgsgewissheit erforderlich, es genügt eine Erfolgswahrscheinlichkeit (Thomas / Putzo, ZPO, 22. Auflage, Rdnr. 3 zu § 114). Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden (Zöller / Philippi, ZPO, 22. Auflage, Rdnr. 19 zu § 114). Eine Erfolgsaussicht ist häufig dann anzunehmen, wenn das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens für notwendig erachtet, um den Sachverhalt abschließend klären zu können (vgl. Meyer -- Ladewig, SGG 6. Auflage, Rdnr. 7 zu § 73a m.w.N.). Das war hier der Fall, denn in der Verwaltungsakte der Beklagten sind zwei sich hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Klägerin widersprechende nervenärztliche Gutachten enthalten. Die Notwendigkeit einer entsprechenden gerichtlichen Beweiserhebung hat deshalb das Sozialgericht zutreffend bejaht. Damit nicht vereinbar ist aber, dass es über den zu diesem Zeitpunkt bereits gestellten PKH -- Antrag nicht entschieden, sondern zunächst den erforderlichen Beweis erhoben hat, um dann erst nach Eingang des für notwendig erachteten Gutachtens über die Erfolgsaussicht zu befinden. Zwar soll nach verbreiteter Meinung für die Beurteilung der...