Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung. Kostenübernahme für eine Schulbegleitung. gemeinsame Beschulung von behinderten und nichtbehinderten Schülern als Aufgabe der Schule. Kernbereich pädagogischer Arbeit. eingeschränkte Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers. Inklusion
Leitsatz (amtlich)
1. Eingeschränkte Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers bei Kosten der Schulbegleitung.
2. Nach den Regelungen des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes (juris: SchulG SH 2007) ist es Aufgabe der Schule, die gemeinsame Beschulung von behinderten und nichtbehinderten Schülerinnen und Schülern (Inklusion) zu gewährleisten.
3. Für Maßnahmen der Inklusion, die den Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, ist der Sozialhilfeträger nicht Kostenträger.
Normenkette
SGB XII § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2; EingHV § 12 Nr. 1
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 12. November 2013 wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Kostenübernahme für eine Schulbegleitung in größerem Umfang als die ihm bereits gewährten drei Stunden pro Woche.
Der Antragsteller ist am … 2003 geboren. Er leidet infolge einer infantilen Cerebralparese an erheblichen Bewegungsstörungen und einer Tetraspastik. Darüber hinaus liegt bei ihm eine globale Entwicklungsretardierung insbesondere im Bereich der Motorik vor. Sein Gangbild ist stark beeinträchtigt. Er ist auf das Tragen von Orthesen angewiesen. Bei ihm wurde ein Grad der Behinderung von 70 festgestellt mit den Nachteilsausgleichen “G„, “B„ und “H„. Er besucht seit dem Schuljahr 2011/2012 die Grundschule in M... Derzeit ist er in der 3. Klasse. Bis zum Schuljahr 2012/2013 erhielt er Schulbegleitung im Umfang von 20 Stunden pro Woche.
Mit Schreiben vom 20. Mai 2013 beantragten die Eltern des Antragstellers die Weitergewährung der Schulbegleitung im Umfang von 16 Stunden pro Woche für das Schuljahr 2013/2014. Zuvor hatte der Fachdienst Gesundheit des Antragsgegners mit Stellungnahme vom 4. März 2013 die Notwendigkeit der Fortsetzung der Schulbegleitung im bisherigen Umfang befürwortet. Am 2. Mai 2013 hatten Mitarbeiter des Antragsgegners die Schule besucht. Hinsichtlich des Ergebnisses des Schulbesuchs wird auf das Hospitations- und Gesprächsprotokoll vom selben Tage Bezug genommen. Mit Schreiben vom 17. Mai 2013 befürwortete die Schulleiterin der Grundschule M... die Unterrichtsbegleitung - allerdings im geringeren Umfang als bisher - für folgende Bedürfnisse:
“- Schuhwechsel zur Pause, besonders im Winter (Klassenräume sind mit Teppich ausgestattet und ein Schuhwechsel nach jeder Pause ist somit nötig). Dabei ist außerdem nach wie vor Hilfe beim Anziehen nötig (v. a. im Winter). Ohne Hilfe würde M... meist kaum in der Pause ankommen.
- Schuhwechsel zum Gebäudewechsel (Musikunterricht einmal/Woche). Ab dem kommenden Schuljahr wird zudem der HSU- sowie Englischunterricht für M... im anderen Gebäude stattfinden, sodass der Gebäudewechsel häufiger nötig wird.
- Orthesenwechsel sowie Hilfe beim Umkleiden zum Sportunterricht (in Klasse 3 dreimal wöchentlich)
- Unterstützung und Hilfestellung im Sportunterricht, besonders bei Aufgaben mit Geräten
- Tägliche Unterstützung in Bezug auf seine Körperlichkeit - z. B. Richten von verrutschter Kleidung nach einem Toilettengang, Anbieten und Begleiten von Entspannungsmöglichkeiten und individuellen Pausen
- Unterstützung bei Schwierigkeiten, die aus seiner körperlichen Eingeschränktheit entstehen, z. B. Aufheben von heruntergefallenen Dingen (was er aus dem Stand nicht ohne Schwierigkeiten könnte), Hilfe bei der Platz- oder Wegfindung, z. B. wenn ein anderes Kind im Weg sitzt
- Unterstützung bei außerschulischen Vorhaben im Laufe des Schuljahres, z. B. Gang zur Kirche, Fahrt zum Weihnachtstheater, Lauftag, Bundesjugendspiele, Kinderfest, Fasching, Klassenausflug, Schulübernachtung usw.
- Impulsgabe zur Mit- sowie Weiterarbeit im Unterricht: In schriftlichen Einzelarbeiten arbeitet M... relativ selbstständig, im gemeinsamen, vor allem mündlichen Unterricht schweift er jedoch sehr schnell ab und nimmt nicht an diesem teil.
- Erinnerung und Unterstützung zur Einrichtung mit den Arbeitsmaterialien
M... fühlt sich in der Großgruppe oft nicht angesprochen, braucht also die persönliche Ansprache
Kommunikationshilfen in der Partner- und Gruppenarbeit (M... wäre sonst unbeteiligt)
- Im kommenden Schuljahr wird es aufgrund von Raumwechsel, Stundenerhöhung sowie Lehrerwechsel in Klasse 3 viele Neuerungen für M... geben. Veränderungen verunsichern ihn nach wie vor und benötigen den geduldigen Einsatz einer ihm vertrauten Person.„
Mit Bescheid vom 9. Juli 2013 erteilte der Antragsgegner die Kostenzusage für die Betreuung während des Sportunterrichts im Umfang von drei Stunden in der Woche. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Unterstütz...