Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. mutwillige Rechtsverfolgung. geistige Erkrankung. keine Beiordnung eines Rechtsanwaltes. sozialgerichtliches Verfahren. Einkommenseinsatz. Bereinigung nach § 82 SGB 12. Reihenfolge der abzusetzenden Beträge
Orientierungssatz
1. Ungeachtet dessen, wo gegebenenfalls eine Obergrenze zu ziehen wäre, ist bei einem Streit eines Hilfebedürftigen nach dem SGB 12 über eine Summe von 3 Euro die beabsichtigte Rechtsverfolgung als mutwillig iS des § 114 ZPO einzustufen.
2. Eine geistige Erkrankung kann iR des § 114 ZPO keinen Anspruch begründen, aufgrund des Sozialstaats- und Rechtsstaatsprinzips einen Rechtsanwalt beigeordnet zu bekommen. Dies ist im Rahmen der Erforderlichkeit der Beiordnung gem § 121 Abs 2 ZPO zu prüfen.
3. Bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens nach § 82 SGB 12 ist zunächst eine Bereinigung nach § 82 Abs 1 SGB 12 und danach gem § 82 Abs 2 SGB 12 vorzunehmen. Erst in einem weiteren Schritt ist ein Betrag iHv 30 % des bereinigten Nettoeinkommens gem § 82 Abs 3 SGB 12 abzusetzen. Die gegenteilige Meinung, der Abzug sei nicht vom Nettobetrag, sondern vom Bruttobetrag (vor Abzug des § 82 Abs 2 SGB 12) vorzunehmen, ist nicht zutreffend (entgegen LSG Berlin-Potsdam vom 28.9.2006 - L 23 SO 1094/05 = RdLH 2007, Nr 1, 29).
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 25. April 2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob für den Kläger bei der Berechnung des Bedarfs Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung abzusetzende Beträge gemäß § 82 Abs. 2 und Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), rechtlich zutreffend von der Beklagten in Ansatz gebracht worden sind. Würde man der Berechnungsweise des Klägers folgen, ergäben sich für die hier allein im Streit stehenden Monate April und Mai 2006 - Bescheide für die nachfolgenden Monate sind entweder nicht angefochten oder entsprechend dem Begehren des Klägers abgeändert worden - höhere Leistungen von 2,97 EUR (für April 2006) und 0,03 EUR (für Mai 2006), insgesamt also ein um 3,00 EUR höherer Betrag gegenüber der bislang vom Beklagten geleisteten Zahlung.
Den Antrag des Klägers, ihm für die gegen die Bescheide vom 18. April 2006 und 8. Mai 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2006 (zugestellt am 16. Oktober 2006) am 13. November 2006 erhobene Klage Prozesskostenhilfe zu gewähren, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 25. April 2008 wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung Bezug.
Die Beschwerdebegründung führt zu keiner anderen Beurteilung. Insoweit ist Folgendes zu ergänzen:
Dem Ansatz des Klägers, bei der Frage der mutwilligen Rechtsverfolgung im Sinne von § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) verbiete sich ein Vergleich zum (vermögenden) Selbstzahler, der einen Prozess um die streitige Summe im Hinblick auf die anfallenden Kosten nicht führen würde, kann nicht gefolgt werden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 114 ZPO gelten über die Verweisung in § 73a SGG uneingeschränkt für alle Kläger eines Sozialrechtsverfahrens. Zwar soll nicht verkannt werden, dass für einen Sozialhilfeempfänger kleinere Geldsummen sicher von anderem finanziellen Gewicht sind als für (vermögendere) Selbstzahler. Hier ist bei der insgesamt nur im Streit stehenden Summe von 3,00 EUR aber auch für einen Sozialhilfeempfänger eine Konstellation gegeben, bei der die aufzuwendenden Kosten in keinem vernünftigen Verhältnis zum erstrebten Erfolg stehen; denn die im Falle des Obsiegens zu erzielende Summe liegt bei deutlich weniger als 1 % des monatlichen Regelsatzes des Klägers von seinerzeit 345,00 EUR. Ungeachtet dessen, wo gegebenenfalls eine Obergrenze zu ziehen wäre, ist jedenfalls bei den im konkreten Fall gegenüberzustellenden Beträgen die beabsichtigte Rechtsverfolgung als mutwillig einzustufen.
Auch der Einwand des Klägers, ihm sei im Hinblick auf das Rechtsstaats- wie auch das Sozialstaatsgebot wegen seiner geistigen Erkrankung in jedem Fall ein Rechtsanwalt beizuordnen, greift nicht durch; denn es geht hier nicht um die Frage der Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 121 Abs. 2 ZPO (wie sie allein Gegenstand des in dem noch anhängigen Klageverfahren vor dem Sozialgericht vom Kläger in Bezug genommenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 2007 - 1 BvR 681/07 - war), sondern um die Frage des Vorliegens der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 114 ZPO.
Abgesehen von der der Prozesskostenhilfegewährung entgegenstehenden Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung spricht auch ganz Überwiegendes dafür, dass es hier an der gemäß § 114 ZPO erforderlichen hinr...