Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Kürzung nach § 8a Abs 4 JVEG bei erheblicher Überschreitung des für ein Gutachten eingezahlten Vorschusses

 

Leitsatz (amtlich)

Eine dem medizinischen Sachverständigen objektiv zustehende Vergütung überschreitet den gem § 109 SGG eingezahlten Vorschuss erheblich, wenn sie mindestens 20 % des Vorschusses beträgt. Für die Erheblichkeit der Überschreitung kommt es darauf an, was dem medizinischen Sachverständigen als Vergütung objektiv zustehen würde; nicht darauf, was er als Vergütung geltend gemacht hat.

 

Tenor

Die Vergütung des Antragstellers für das im Verfahren L 5 R 108/13 erstattete Gutachten vom 22. Juni 2014 wird in Höhe von 2.332,40 EUR festgesetzt.

Das Verfahren ist gebührenfrei.

Kosten werden nicht erhoben.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Vergütung für ein vom Antragsteller in dem Verfahren L 5 R 108/13 (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht) gemäß § 109 SGG erstattetes medizinisches Gutachten.

Der Antragsteller wurde mit Beweisanordnung vom 30. Dezember 2013 beauftragt, gemäß § 109 SGG ein ärztliches Sachverständigengutachten aufgrund ambulanter Untersuchung zu erstellen, nachdem die Klägerin einen Vorschuss in Höhe von 2.000,00 EUR gezahlt hatte. Der Antragsteller wurde mit Verfügung des Gerichts vom 29. April 2014 über die Höhe des Vorschusses in Kenntnis gesetzt und mit weiterer Verfügung vom 14. Februar 2014 wurde ihm bereits mitgeteilt, dass den Vorschuss übersteigende Kosten für das Gutachten nur nach Einwilligung des Gerichts übernommen werden.

Der Antragsteller hat dann das neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 22. Juni 2014 vorgelegt und dabei folgende Vergütung in Rechnung gestellt:

27,0 Stunden à 75,00 EUR

§ 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG Honorargruppe M 2   

 2.025,00 EUR

Schreibauslagen 62.778 Anschl. à 0,75 EUR   

§ 12 Abs. 1 Ziffer 3 JVEG

 56,70 EUR

Kopierkosten

50 à 0,50 EUR

22 à 0,15 EUR

§ 7 Abs. 2 Ziffer 1 JVEG

 28,30 EUR

Umsatzsteuer

§ 12 Abs. 1 Ziffer 4 JVEG

 400,90 EUR

Portoauslagen

§ 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG

 9,20 EUR

insgesamt

2.520,10 EUR

Die Kostenbeamtin des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts hat den Stundensatz antragsgemäß mit der Honorargruppe M 2 (75,00 EUR) bemessen. Der angemessene Zeitaufwand wurde auf 20 Stunden mit der Begründung gekürzt, das Aktenstudium sei mit 125 Blatt pro Stunde Zeitaufwand zu berücksichtigen (600 Blatt entsprechen fünf Stunden) und Teile der gutachterlichen Äußerungen seien bereits mit dem Zeitaufwand für das Aktenstudium, die Untersuchung und das Diktat und die Korrektur abgegolten worden. Aus diesem Grunde sei der Zeitaufwand für die Abfassung des Gutachtens mit vier Stunden zu bemessen. Die Schreib- und Kopierauslagen wurden antragsgemäß, die Umsatzsteuer in Höhe von 301,15 EUR entschädigt. Die Gesamtvergütung betrug danach 1.895,35 EUR.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf richterliche Festsetzung der Kosten, der am 16. Juli 2014 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Auf die Begründung des Antrags wird Bezug genommen.

Der Kostenprüfungsbeamte des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts beantragt in seiner Stellungnahme vom 8. September 2014, die Vergütung des Antragsstellers auf insgesamt 2.000,00 EUR festzusetzen. Zur Begründung führt er im Einzelnen unter Hinweis auf die vom Senat entwickelten Maßstäbe für die Vergütung von Gutachten medizinischer Sachverständiger (Beschluss vom 8. Oktober 2012, L 5 SF 64/11 KO) zur Frage des angemessenen Zeitaufwands für die Erstellung des Gutachtens Folgendes aus:

“a) Untersuchung und Befundauswertung

Diese Position ist mit insgesamt 6,00 Stunden wie beantragt zu vergüten.

b) Aktenstudium:

Das Aktenmaterial betrug 607 Blatt und war durchsetzt mit ärztlichen Gutachten, Befundberichten und ärztlichen Stellungnahmen. Die umfangreiche Auswertung und Wiedergabe des Akteninhaltes in dem Gutachten lässt auf ein außergewöhnlich umfangreiches Aktenstudium schließen. Sofern der Antragsteller vorliegend 6,00 Stunden in Ansatz bringt, ist m.E. nicht von Unbilligkeit auszugehen.

Das Aktenstudium wird somit mit 6,00 Stunden beziffert.

c) Abfassung des Gutachtens

Die medizinische Zusammenfassung, Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen befinden sich. auf den Seiten 26-28, 29-33 und 34 -36 des Gutachtens. Diese Seiten beinhalten folgende Zeilen gutachterliche Äußerungen:

Seite 26:

18 Zeilen

Seite 27:

32 Zeilen

Seite 28:

28 Zeilen

Seite 29 -33:   

5.904 Zeichen: 60= 98 Zeilen

( Gutachterliche Auswertung der Testreihen und Beurteilung unter Bezugnahme auf die Beweisfragen )

Seite 33:

9 Zeilen

Seite 34:

27 Zeilen

Seite 35:

32 Zeilen

Seite 36:

11 Zeilen

insgesamt: 255 Zeilen: 34 Zeilen / Seite = 7,50 Seiten gutachterliche Äußerung

Der erforderliche Zeitaufwand ist demnach mit 7,50 Stunden zu berücksichtigen.

e) Diktat und Korrektur

Bei 62.778 Anschlägen ergibt sich eine Seitenanzahl von 31,4 Seiten. Der erforderliche Zeitaufwand für Diktat und Korrektur beträgt demnach 5,23 Stunden.

e)...

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