Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Beschaffung eines Kraftfahrzeuges. Ausstattung mit einer besonderen Bedienungseinrichtung. Übernahme von Betriebskosten. Angewiesensein auf das Kraftfahrzeug. Notwendigkeit einer ständigen Benutzung
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer Kraftfahrzeugbeihilfe nach dem SGB 12.
2. Für die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz im Rahmen der Eingliederungshilfe ist die Notwendigkeit der ständigen Nutzung eines Kfz erforderlich.
3. An der Notwendigkeit fehlt es bei ehrenamtlicher Tätigkeit, die nicht dem näheren Wohnumfeld zuzurechnen ist, bei Fahrten zu Ärzten, von Krankenkassen gewährten Rehabilitations- und Heilbehandlungen, bei der Zumutbarkeit der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs, bei Schwimmbadbesuchen, Einkäufen, Ausflugsfahrten und hobbymäßig betriebenem Sport.
Tenor
Der Antrag, der Klägerin und Berufungsklägerin für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin R..., M..., zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
Die Klägerin begehrt eine Beihilfe für die Anschaffung und den behindertengerechten Umbau eines Kraftfahrzeuges (Kfz) sowie eine Betriebskostenbeihilfe.
Die darauf gerichtete Klage hat das Sozialgericht Itzehoe mit Urteil vom 21. Mai 2012 abgewiesen. Gegen das der Klägerin am 17. Juli 2012 zugestellte Urteil hat sie am 2. August 2012 Berufung eingelegt und gleichzeitig beantragt, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin R..., M..., zu bewilligen.
Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) ist den Beteiligten eines sozialgerichtlichen Verfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn - neben hier nicht zweifelhaften Voraussetzungen - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Hinreichende Erfolgsaussicht ist dann anzunehmen, wenn das Gericht aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage den Rechtsstandpunkt des Antragstellers für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Dabei dürfen die Anforderungen an die tatsächlichen und rechtlichen Erfolgsaussichten nicht überspannt werden (vgl. Geimer in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 114 Rdnr. 19 m.w.N.). Es ist zu berücksichtigen, dass das Prozesskostenhilfeverfahren den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern lediglich zugänglich machen will. Dem genügt § 114 Satz 1 ZPO dadurch, dass er die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht erst bei sicherer, sondern bereits bei hinreichender Erfolgsaussicht vorsieht. Deren Feststellung soll mithin nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses anstelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das bedeutet andererseits zugleich, dass Prozesskostenhilfe verweigert werden darf, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfG, Beschluss v. 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 -, BVerfGE 81, S. 347; BSG, Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 -, SozR 3-1500, § 62 Nr. 19).
Danach hat die Klägerin hier keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, weil es an einer hinreichenden Erfolgsaussicht für das Berufungsverfahren fehlt. Nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand hat die Berufung voraussichtlich keinen Erfolg. Zutreffend hat das Sozialgericht Itzehoe in dem Urteil vom 21. Mai 2012 ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Kfz-Beihilfe für die Anschaffung und den Umbau eines Kfz hat und auch keinen Anspruch auf eine Betriebskostenpauschale.
Nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage macht der Senat sich diese Einschätzung zu Eigen und verweist daher auf die Gründe jenes Beschlusses.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist zu ergänzen:
Die Klägerin gehört unstreitig zum eingliederungshilfeberechtigten Personenkreis des § 53 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII). Behinderte Menschen haben gemäß § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX), Anspruch auf Eingliederungshilfe und Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Hierzu gehört gemäß § 8 Eingliederungshilfeverordnung (EGHVO) auch die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz. Sie wird in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art und Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kfz angewiesen ist. Das ist nur dann zu bejahen, wenn aus den geltend gemachten Gründen eine ständige oder jedenfalls regelmäßige, d. h. tägliche oder fast tägliche Benutzung des Kfz erforderlich ist. Ausgeschlossen ist die Kfz-Beihilfe daher bei einer nur gelegentlichen Inanspruchnahme, weil dies nicht mit dem “Normalfall„ vergleichbar ist, den die Gesetzgebung vor Augen hatte, nämlich mit dem Angewiesensein auf ein Kfz, um am Arbeitsleben teilnehmen zu können (so ...