Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Unternehmern, deren Schutz als Mitbewerber das UWG bezweckt, gehören öffentlich-rechtliche Körperschaften dann nicht, wenn sie im Rahmen mittelbarer Staatsverwaltung tätig sind. Deshalb ist das UWG in Wettbewerbsstreitigkeiten zwischen gesetzlichen Krankenkassen nicht anwendbar.
2. Aus der Verpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen zur Zusammenarbeit auch untereinander folgt deren Pflicht zumindest zum Versuch einer einvernehmlichen Regelung in Wettbewerbstreitigkeiten. Kommt eine gesetzliche Krankenkasse dieser Handlungspflicht nicht nach, fehlt ihrem Antrag auf Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes grundsätzlich der Anordnungsgrund.
3. In Wettbewerbsstreitigkeiten zwischen gesetzlichen Krankenkassen ist die Einschaltung der Aufsichtsbehörde gegenüber dem Antrag auf Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes vorrangig.
4. In Wettbewerbsstreitigkeiten zwischen gesetzlichen Krankenkassen ist für Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich der volle Regelstreitwert des § 52 Abs.2 GKG festzusetzen.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 28. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich dagegen, dass das Sozialgericht es abgelehnt hat, der Beschwerdegegnerin durch einstweilige Anordnung zu untersagen, zu Wettbewerbszwecken den Eindruck zu erwecken, sie, die Beschwerdegegnerin, sei in den Ländern Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland unter den frei wählbaren gesetzlichen Krankenkassen diejenige mit dem günstigsten Beitragssatz.
Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin sind Innungskrankenkassen. Sie wickeln ihren Geschäftsbetrieb jeweils online ab. Die Beschwerdeführerin ist bundesweit geöffnet, die Beschwerdegegnerin ist geöffnet für die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz und für das Saarland.
Anfang des Jahres 2007 erstellte die Beschwerdegegnerin ein Werbeblatt. In diesem stellte sie unter der Überschrift “Beitragssätze der in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland wählbaren Krankenkassen„ ihrem Beitragssatz von 12,3 % die Beitragssätze von 90 anderen Krankenkassen gegenüber, die alle über ihrem allgemeinen Beitragssatz lagen. Von diesem Werbeblatt erhielt die Beschwerdeführerin nach ihrem Vortrag Anfang Februar 2007 Kenntnis. Mit Schreiben vom 26. Februar 2007 wies die Beschwerdeführerin die Beschwerdegegnerin darauf hin, dass ihr, der Beschwerdeführerin, allgemeiner Beitragssatz bei 12,0 % liege. Sie sei bei der von der Beschwerdegegnerin verbreiteten Aufstellung nicht berücksichtigt worden. Das stelle einen Verstoß gegen § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar. Die Beschwerdeführerin forderte die Beschwerdegegnerin in dem Schreiben auf, eine beiliegende strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen und zurückzusenden. Letzteres tat die Beschwerdegegnerin nicht. Sie führte im an die Beschwerdeführerin gerichteten Schreiben vom 5. März 2007 aus, das Abmahnungsschreiben der Beschwerdeführerin vom 26. Februar 2007 überrasche sie sehr. Bisher hätten solche Angelegenheiten auf Vorstandsebene einvernehmlich geklärt werden können. Sie, die Beschwerdegegnerin, sei daher auch in diesem Fall im Sinne eines partnerschaftlichen und konstruktiven Miteinanders im IKK-System davon überzeugt, dass sich auch das Anliegen der Beschwerdeführerin ohne juristischen Aufwand klären lasse. Für ein solches persönliches Gespräch stehe der Unterzeichner - der Vorstand der Beschwerdegegnerin - jederzeit gern zur Verfügung.
Ohne auf dieses Gesprächsangebot einzugehen, hat die Beschwerdeführerin am 12. März 2007 beim Sozialgericht Kiel einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie hat beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 50.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken durch Verbreitung unvollständiger Übersichten über die allgemeinen Beitragssätze der in den Ländern Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland frei wählbaren gesetzlichen Krankenkassen den Eindruck zu erwecken, die Antragsgegnerin sei in diesen Ländern die Krankenversicherung mit dem günstigsten allgemeinen Beitragssatz unter den frei wählbaren gesetzlichen Krankenversicherungen.
Die Beschwerdegegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Beschluss vom 28. Juni 2007 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt:
“Wie bei einem Hauptsacheverfahren müssen die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen. Hierzu gehört auch das Rechtsschutzbedürfnis.
Ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn ein Antragsteller die Möglichkeit hat, das geltend gemachte Recht auf einfachere Weise außerprozessual zu erreichen (...