Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertfestsetzung. vertragsärztliches Zulassungsverfahren. Konkurrentenverfahren
Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert ist in einem Konkurrentenverfahren um eine Praxisnachfolge (Nachbesetzungsverfahren) mit einem Drittel des Wertes zu bemessen, der für vertragsärztliche Zulassungsverfahren angewendet wird (Höhe der bundesdurchschnittlichen Umsätze der Arztgruppe abzüglich des durchschnittlichen Praxiskostenanteils in einem Zeitraum von drei Jahren; Nr. 16.4 des Streitwertkataloges für die Sozialgerichtsbarkeit).
Tenor
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren in Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 5. Mai 2006 und für das Beschwerdeverfahren auf 39.212,00 EUR festgesetzt.
Gründe
In dem Antragsverfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und in dem Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller sich gegen die Anordnung des Sofortvollzuges der Zulassung der Beigeladenen zu 8. zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Fachärztin für HNO-Heilkunde in R. mit Wirkung ab dem 1. April 2006 im Rahmen einer Praxisnachfolge (§ 103 Abs. 4 SGB V) gewandt (Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte in Schleswig-Holstein vom 27. Februar 2006; Beschluss/Bescheid des Berufungsausschusses für Ärzte in Schleswig-Holstein vom 20. April 2006/18. Mai 2006 mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung).
Das Antrags- und das Beschwerdeverfahren sind für den Antragsteller erfolglos geblieben (Beschluss des Sozialgerichts vom 5. Mai 2006, Beschluss des Senates vom 3. August 2006).
Rechtsgrundlage für die - Änderung der - Streitwertfestsetzung ist § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 1 Satz 1 Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 4, § 52 Abs. 1 GKG.
Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Abgestellt wird dabei auf das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers an der angestrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen.
Streitgegenstand des Antrags- und des Beschwerdeverfahrens war die Entscheidung der Zulassungsgremien nach § 103 Abs. 4 Satz 3 SGB V mit der Auswahl der Beigeladenen zu 8. in dem Nachbesetzungsverfahren für eine HNO-Praxis in R..
Der Streitwert für das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist abhängig von dem Streitwert, der in einem Hauptsacheverfahren gegen die Auswahlentscheidung, also in einem Klage- und Berufungsverfahren maßgebend wäre.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 05.11.2003 - B 6 KA 11/03 R, BSGE 91, 253) ist Rechtsschutz bei einem Streit über die Auswahl zwischen mehreren Bewerbern bei einer Praxisnachfolge (§ 103 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SGB V) im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als offensive Konkurrentenklage zu gewähren (siehe auch BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 8/06 R -: “Mitbewerberklage„).
Ziel der Konkurrentenklage des nicht gewählten Bewerbers ist die Aufhebung der Zulassung des ausgewählten Arztes (Abwehrbegehren), um über die Aufhebung der Zulassung des gewählten Arztes hinaus den Weg für eine neue Auswahlentscheidung der Zulassungsgremien freizumachen. Dieses weitere Begehren mit dem Ziel einer neuen Auswahlentscheidung der Zulassungsgremien hat Ähnlichkeiten mit dem sog. Bewerbungsverfahrensanspruch in beamtenrechtlichen Konkurrentenverfahren (s. dazu BSG, Urt. v. 05.11.2003, a. a. O.).
Die Frage, wie der Streitwert in einem Konkurrentenklageverfahren gegen eine Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu bestimmen ist, ist in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt.
In dem Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit (Streitwertkatalog 2007 [Stand: 1. April 2007] - www.sozialgerichtsbarkeit.de -) wird für die Konkurrentenklage gegen eine Zulassung ein “dreifacher Regelstreitwert„ vorgeschlagen (Nr. 16.6 des Streitwertkatalogs).
Diesem Vorschlag folgt der Senat nicht.
Zum einen handelt es sich bei dem Wert nach § 52 Abs. 2 GKG nicht um einen “Regelstreitwert„, sondern nur um einen Auffangwert, der nur dann angewendet werden kann, wenn das wirtschaftliche Interesse nach § 52 Abs. 1 GKG nicht zu bestimmen ist (siehe dazu LSG Essen, Beschl. v. 24.02.2006 - L 10 B 21/05 KA, SGb 2006, 475). Im Fall der vertragsärztlichen Konkurrentenklage im Rahmen einer Praxisnachfolge ist das Interesse des klagenden Konkurrenten von einer wirtschaftlichen Zielsetzung bestimmt, weil er selbst die Praxisnachfolge anstrebt, um aus der vertragsärztlichen Tätigkeit Honorare zu erzielen.
Zum anderen kann der Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG als starrer Wert weder multipliziert noch dividiert werden (Beschl. des Senates v. 25.02.2005 - L 4 B 10/05 SF SG - m. w. N.; Beschl. des Senates v. 18.03.2005 - L 4 B 124/04 KA ER -).
Der Streitwertkatalog 2007 enthält als weiteren Vorschlag für die Streitwertbemessung bei einer Konkurrentenklage gegen eine Zulassung den Hinweis, dass im Falle der Praxisübernahme auf den Durchschnittsumsatz in der Arztgruppe ...